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Anhang.
Leider konnte das schwache Reich im 16. Jahrhundert unseren Seehandel nicht schützen,
und deshalb mutzte er im Wettkampfe mit England und Holland unterliegen. Die Hanseaten
verloren 1548 ihre Vorrechte in Schweden, 1560 in Norwegen (Bergen) und am Ende
des 16. Jahrhunderts auch in England (Stahlhof1) in London). Damit waren die Deutschen
für 250 Jahre aus dem Welthandel verdrängt.
l>) vom Grohen Kurfürsten bis zur Gründung einer deutschen Reichsflotte
unter Wilhelm I. Der Schöpfer unseres stehenden Heeres, der Große Kurfürst, war auch
der Gründer einer brandenburgischen Kriegsflotte, vgl. S. 68.
Friedrich der Trotze empfand den Mangel einer Kriegsflotte sehr. Es gelang ihm,
den Binnenhandel zu heben und die Gder zum Haupthandelswege für Preußen, Sachsen
und den ganzen slawischen (Osten zu machen. Gleichwohl konnten sich seine überseeischen
Unternehmungen: Seehandlung, Emdener Handelskompanie, chinesische und bengalische
Handelsgesellschaft ohne Kriegsflotte nicht halten.
AIs im Jahre 1848 die wogen der Begeisterung für ein neues deutsches Reich hoch
gingen, schuf die Rationalversammlung zu Frankfurt auch eine Reichsflotte. Da
aber England, Rußland und Schweden sich Dänemarks annahmen, konnte unsere junge
Flotte nichts im Kampfe gegen den seetüchtigen Gegner (Dänemark) ausrichten. Und
als die Rationalversammlung sich auflöste, wurde die deutsche $Iotte verkauft. Die Be¬
geisterung für eine Kriegsflotte blieb aber wach im Volke, und Preutzen verstand
es, sie auszunutzen. Es kaufte die zwei besten Schiffe, gründete ein Seekadetten¬
institut, das bis 1866 unsere Seeoffiziere heranbildete und dann in die Marineschule in
Kiel verwandelt wurde. 1855 erwarb es den Jadebusen für die Anlage des Kriegs-
Hafens Wilhelmshaven und schuf eine kleine Flotte, deren eifrigster Förderer
Prinz Adalbert war, der erste hohenzoller mit dem Admiralstitel. 1864 griff die
preußische Kriegsflotte unter Admiral Fachmann ehrenvoll in den Kampf mit der dänischen
Flotte bei Rügen ein und unternahm mit der Österreichs einen Angriff auf Helgoland.
c) von der Gründung einer Reichsflotte unter Wilhelm I. bis 1912. Mit der
Gründung des Norddeutschen Bundes 1867 ging die preußische Kriegsflotte an diesen
über, und nach der Wiedererrichtung des Deutschen Reiches 1871 wurde sie Reichs-
flotte, wegen ihrer geringen Stärke konnte sie 1870/71 noch nicht mit Erfolg in den
Krieg eingreifen. Sie mußte sich auf die Verteidigung der Küsten beschränken und konnte
es nicht verhindern, daß England und Amerika große Mengen Kriegsmaterial in Frankreich
einführten, was den Franzosen die Aufstellung neuer Heere ermöglichte. AIs dann nach
den glorreichen Siegen von 1870/71 das deutsche Rationalbewußtsein einen großen Auf¬
schwung nahm und unser Seehandel bedeutend wuchs, mußte man auch an die Ver¬
mehrung unsrer Flotte herantreten. Der „Flottengründungsplan von 1873" forderte 100
Kriegsfahrzeuge, die in 9 Jahren fertig sein mutzten, und bald begann man auch mit dem
Bau einer Torpedoflottille.
Aber erst Wilhelm II. war es vorbehalten, unsere Kriegsflotte der Größe und Be¬
deutung des Reiches und seinem Anteil am Welthandel entsprechend auszubauen.
Sein wort „Unsre Zukunft liegt auf dem Wasser" wurde zum Schlagwort für alle, die für
unsre Weltmachtstellung Verständnis haben. Bei seinem Regierungsantritt zählte unsre
Marine 27 Panzerschiffe und 23 Kreuzer; nach dem Flottengesetz vom 14. Juni 1900
besteht: 1. die Schlachtflotte aus 2 Flottenflaggschiffen, 4 Geschwadern zu je 8 Linien¬
schiffen, 8 Großen Kreuzern, 24 Kleinen Kreuzern; 2. die Auslandsflotte aus
5 Großen Kreuzern, 10 Kleinen Kreuzern; 3. die Materialreserve aus 4 Linien¬
schiffen, 3 Großen Kreuzern, 4 Kleinen Kreuzern.
hierzu kommen 200 Torpedoboote und 16 Unterseeboote; letztere sind 1914/15
vermehrt und verbessert worden.
Das 1. und 2. Geschwader bilden die aktive Schlachtflotte, das 3. und 4. Geschwader
die Reserveschlachtflotte. von der aktiven Schlachtflotte sollen sämtliche, von der Reserve¬
schlachtflotte die Hälfte der Linienschiffe und Kreuzer dauernd im Dienste gehalten werden.
1912 wurde die Reserveschlachtflotte in eine aktive verwandelt und dauernd in Dienst gestellt.
*) Auch Stalhof, weil hier das aus Deutschland eingeführte Tuch auf seine (Echtheit
geprüft, d. H. „gestalt" wurde.