Full text: [Abt. 2 = Quinta, [Schülerband]] (Abt. 2 = Quinta, [Schülerband])

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B. Beschreibende Prosa. VII. Geographische Bilder. 
VII. Geographische Wilder. 
112. Bethlehem. 
Von Gotthilf Heinrich von Schubert. Reisen in das Morgenland. Erlangen, 1839. 
Wir hatten den äußersten Rand des Höhengürtels erreicht, der das 
Thal der Salomonischen Gärten umschlingt. Da lag vor uns im 
Norden jenseits des tiefen, jäh abfallenden Thales auf der Höhe des 
Felsenberges Bethlehems Stadt; neben uns zur Rechten das grünende, 
von Bäumen beschattete Feld der Hirten, das Feld des Gesanges der 
Engel. Wer sollte da nicht fröhlich gewesen sein! Hatten ja die Engel 
hier an dieser Stätte ihr Lied vom Frieden auf Erden und von dem 
Wohlgefallen der Menschen auch für uns mitgesungen. Sie hatten uns 
dies an so manchem lieben Weihnachtsabend in der winterlich kalten 
Heimat gethan; heute aber waren die Himmelskräfte des Weihnachts¬ 
festes mit der Fülle des herrlichsten Frühlingstages vereinigt; jeder 
Lufthauch, der aus den Weinbergen und blühenden Gärten des Hügels 
herüberkam, wiederholte die Worte des Preises, des Friedens und des 
Wohlgefallens, mit denen seit jener seligen Nacht jedes vorübergehende 
Menschenalter und Geschlecht der Pilgrime das andere begrüßt. 
Zwar ging das Erklimmen des steilen Berges, auf welchem die 
Stadt wie eine Burg des Friedens fest gegründet steht, nicht ohne 
große Beschwerde ab; doch nun war sie ja erreicht, die Stadt Davids, 
die lieblichste, die bedeutungsvollste unter allen Wiegenstädten der Erde. 
Das große, in seiner Bauart einem Kastell gleichende lateinische Kloster, 
das an dem einen Ende der Stadt steht, machte sich uns von selber 
kenntlich; vor seinem verschlossenen Thore empfing uns der arabische 
Thürhüter und ließ uns durch das Pförtlein hinein, das in dem einen 
Thorflügel angebracht ist, so klein, daß man nur gebückt hineingehen 
kann. Die armen Väter des Klosters müssen noch immer wenigstens 
gegen die Zudringlichkeiten, wenn auch nicht Gewaltthaten der Araber 
auf ihrer Hut sein. Wir wurden in ein freundliches Zimmer geführt, 
dessen Fenster nach dem kleinen Garten hinausgehen; bald trat der 
Prior des Klosters, ein geborener Spanier, zu uns herein und bewill- 
kommte uns freundlich. Wir wollten gern sogleich Bethlehems heilige 
Grotte begrüßen. Der Prior erfüllte mit Freuden unseren Wunsch; 
durch die langen Kreuzgänge des alten Klostergebäudes hindurch, dann 
durch die uralte, innen mit Teppichen ausgekleidete Basilika führte er 
uns hinab zu dem Felsenraume, wo nach dem Zeugnisse schon der ersten 
christlichen Jahrhunderte Christus geboren ward. Es ist eine große, 
natürliche Höhle des Gebirges, die ihren eigentlichen Eingang vom 
Tage herein außerhalb des Gebäudes hat, zu welcher aber innerhalb 
der darüber gebauten Kirche von oben herab eine Treppe führt. Auf 
dieser waren wir jetzt hinuntergestiegen in den vom Lampenlichte be¬ 
leuchteten innersten Raum der Höhle, dessen Wände und Boden die 
Andacht der christlichen Jahrhunderte mit Marmorplatten ausgelegt 
hat. Und siehe, hier in diesem verborgenen, engen Raume war die
	        
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