Full text: [Band 1 = Sexta, [Schülerband]] (Band 1 = Sexta, [Schülerband])

teilt sich der Haufen in zwei Parteien, in Läufer und Leser. Ein 
Leser muß die Eier in den Korb einsammeln. Er beginnt mit dem 
ersten und eilt dann zum letzten. So geht es so lange, bis er alle 
Eier in dem Korbe hat. Unterdessen muß ein Läufer nach einer 
etwa eine halbe Stunde entfernten Mühle laufen und dort einen 
hölzernen Löffel holen. Wer von den beiden Burschen zuerst seine 
Aufgabe gelöst hat, gilt als Sieger und erhält als Auszeichnung 
einen Federbusch auf seinen Hut. Später begeben sich beide Par¬ 
teien zu einem Schmaus, zu dem die Eier gebacken werden ; die 
unterlegene Gruppe hat dabei den Trank zu stellen. 
Ein ähnlicher Brauch hat sich in einigen Teilen des Oden¬ 
waldes bis in unsere Tage erhalten. In der Gegend von Kirch- 
Brombach gehen in der Zeit vor dem Osterfest an schulfreien 
Nachmittagen die Kinder armer Leute mit Tannenbäumchen, die 
mit Bändern geschmückt sind, in die Bauerngehöfte. Sie singen 
vor der Haustüre gewöhnlich das Liedchen: 
„Summer, Summer, Maie, 
Die Hinkel läie Eier, 
De Gickel frißt die Schaole, 
De Bauer muß bezaohle! 
Ri, ra, rore! 
Gebt mir en Ei orre e Stück Speck, 
Schünscht gäi ich nit vir de Hausdier eweg!" 
Darauf kommt die Bauersfrau und gibt jedem Kind ein Ei. Erst 
dann geht die Schar weiter in den Nachbarhof. 
Dem Osterwasser traut man auch in vielen Gegenden unseres 
Hessenlandes eine besondere Kraft zu. Einige schöpfen es in der 
Osternacht, andere machen sich am ersten Feiertage früh auf den 
Weg, wenn die Morgenglocke ertönt, am Bach zu sein. Eile ist 
freilich nötig, denn während des Läutens muß das Wasser geschöpft 
sein, wenn es wirken soll. Großen Ärger kann man den Laufenden 
machen, wenn man sie anredet, dürfen sie doch während der ganzen 
Zeit des Wasserholens kein Wörtchen sprechen. Diesem Wasser 
traut man große Kraft zu. Es verdirbt nie. Kranke Augen werden 
gesund, wenn man sie damit wäscht; im Odenwald meint man 
auch andere Krankheiten damit vertreiben zu können. Die Mädchen 
gebrauchen es auch, um die leidigen Sommerflecken zu entfernen. 
Weil aber kein Wort beim Schöpfen gesprochen werden darf, 
stellen sich gerne auch die jungen Burschen ein, um durch allerlei 
Neckereien die Mädchen zum Sprechen zu bringen. Gelingt dies, 
so geht der Zauber verloren. 
13*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.