Nebelmassen heben sich aas dem Meere und verhüllen unsere Nussicht.
Oa denkt sich unsere Einbildung, wir führen aus einem Strome und
nicht weit neben uns müßten die Ufer sich hinziehen, wir möchten
die Nebelschleier schnell niederreißen, um nur wieder am Nnblicke des
Landes uns zu laben, wir können es kaum erwarten, bis die Lonne
die Nebel zerteilt hat. Ja, die Nebel werden wohl dünner und dünner
und unsere Blicke schweifen bis zum weiten Horizonte, aber nirgends zeigt
sich eine Spur von dem geträumten Lande, immer wieder ist nichts als
ein unabsehbares Wassermeer um uns ausgebreitet.
So vergeht uns der zweite Tag und die zweite Nacht, aber auch
der dritte und vierte Tag, sie bringen uns nichts anderes als Himmel
und Wasser. Der Nnblick fängt an, uns zur Gewohnheit zu werden, wir
träumen des Nachts, wir schliefen zu Hause in unseren heimischen Betten,-
aber wenn wir erwachen — das Schwanken des Schiffes versetzt uns
immer wieder in die neue einförmige Wirklichkeit.
Nach L. Hentschel und G. INärkel, Umschau in der deutschen Heimat.
Drei Urten von Bewegung zeigt das Meer. Einmal erregt der wind
die Oberfläche und verursacht die Wellen, ferner durchziehen gewaltige
Strömungen die Ozeane,- der Golfstrom, der die westlichen Küsten
Europas bespült, ist wohl die bekannteste. Endlich zeigt sich jenes regel¬
mäßige Steigen und fallen des Meeresspiegels, das unter dem Namen
der Ebbe und Flut oder der Gezeiten bekannt ist. Dies wollen wir ein¬
mal näher betrachten, wir haben dazu an der Nordseeküste die nächste
Gelegenheit- die Ostsee, als Binnenmeer, zeigt diese Bewegung fast gar
nicht. Zweimal innerhalb 24 Stunden erreicht das Meer einen höchsten
Stand, — die Flut, Hochwasser, stellt sich ein, und zweimal in der gleichen
Zeit erreicht das Wasser einen tiefsten Stand, — es herrscht Ebbe, Niedrig¬
wasser. Ebbe und Flut wird bedingt in erster Linie durch die Anziehung
des Mondes, dann durch die der Sonne auf unsere Erde, deren beweg¬
liche wasserhülle dieser Anziehung nachgeben kann. — Genaueres werden
wir später erfahren.
Kommen wir kurze Zeit nach dem höchsten Stand der Flut an unsere
Nordseeküste, so gewahren wir, daß das Meerwasser allmählich zurück¬
weicht. Nus allen Kanälen und Gräben strömen die Gewässer des Fest¬
lands nach der See hin. Überall wächst trocknes Land aus dem Meere
heraus und nimmt zusehends an Umfang zu. Die Küste gewinnt an
Breite und höhe, jede der vorliegenden Inseln umgibt sich mit einem
breiten Gürtel von Vorland, Strecken untergegangener, vielleicht früher
bewohnter Landschaften tauchen aus der Tiefe auf. Dieses flache, nur
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