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sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herze, sei nicht bang!
Nun muß sich alles, alles wenden.
2. Die Welt wird schöner mit jeden: Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Thal:
Nun, armes Herz, vergiß der Qual!
Nun :nuß sich alles, alles wenden. uhland.
78. Der Kuckuck.
1. §) er Kuckuck ist ein höchst rätselhafter Vogel. Wir wissen, daß
er nicht selber brütet, sondern sein Ei in das Nest irgend eines andern
Vogels legt. Wir wissen ferner, daß er es legt in das Nest der Gras¬
mücke, der gelben Bachstelze, des Mönchs, ferner in das Nest der Brau¬
nelle, in das Nest des Rotkehlchens und in das Nest des Zaunkönigs.
Auch wissen wir gleichfalls, daß diese Vögel Jnsektenvögel sind und es
sein müssen, weil der Kuckuck selber ein Jnsektenvögel ist und der junge
Kuckuck von einem samenfressenden Vogel nicht könnte erzogen werden.
Woran aber erkennt der Kuckuck, daß diese Vögel auch wirklich Jnsekten¬
vögel sind, da doch alle diese genannten sowohl in ihrer Gestalt als in
ihrer Farbe voneinander so äußerst abweichen? Und ferner, wie kommt
es, daß der Kuckuck sein Ei und sein zartes Junges Nestern anvertrauen
kann, die in Hinsicht auf Bau und Wärme, auf Trockenheit und Feuchtig¬
keit so verschieden sind wie nur immer möglich? Das Nest der Gras¬
mücke ist von dürren Grashälmchen und einigen Pferdehaaren so leicht
gebaut, daß jede Külte eindringt und jeder Luftzug hindurchweht, auch
von oben offen und ohne Schutz. Aber der junge Kuckuck gedeiht darin
vortrefflich. Das Nest des Zaunkönigs ist dagegen äußerlich von Moos,
Halmen und Blättern dicht und fest gebaut und innen mit allerlei Wollen
und Federn sorgfältig ausgefüttert, so daß kein Lüftchen hindurchdringen
kann; auch ist es oben gedeckt und gewölbt und nur eine kleine Öffnung
zum Hinein- und Hinausfliegen des sehr kleinen Vogels gelassen. Man
sollte denken, es müßte in heißen Junitagen in solcher geschlossenen Höhle
eine Hitze zum Ersticken sein. Allein der junge Kuckuck gedeiht darin
aufs beste. Und wiederum wie anders ist das Nest der gelben Bach
stelze! Der Vogel lebt am Wasser, an Bächen und in allerlei Nassem:
er baut sein Nest auf feuchten Triften in einem Büschel von Binsen:
er scharrt ein Loch in die feuchte Erde und legt es dürftig mit Gras-