Full text: [Teil 2 = Für obere Klassen] (Teil 2 = Für obere Klassen)

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9§. Deutscher Brauch. 
nischen Arbeit brachte dann auch das Christentum in Länder, die bis dahin 
völlig unbekannt gewesen waren, seine Segnungen. So trugen bremische 
Kauffahrer in das heidnische Livland Christentum und deutsches "Wesen. 
Die Blüte der Hansa dauerte dreihundert Jahre. Erst nach Auffindung 
neuer Seewege, als dem Handel neue Bahnen eröffnet waren, geriet sie in 
Verfall und hielt 1630 ihre letzte Tagsatzung. Hoch heute führen Hamburg, 
Lübeck und Bremen den alten Hamen Hansestädte fort. Gr. Breytag. 
95. Deutscher Brauch. 
1. Sur Gruft sank Kaiser Friedrich. Gott geb' ihm sanfte Ruh'! 
Max faßt sein gülden Scepter; ei, Sonnenaar, Glück zu! 
Zu Worms nun hielt er Reichstag; auf, Fürstenschar, herbei, 
zu raten und zu fördern, daß Recht und Licht gedeih'! 
2. Einst in dem dumpfen Natsaal sprang Max empor in Hast; 
der Staub der Pergamente nahm ihm den Odem fast, 
die spitzen, klugen Reden, die machten toll ihn schier, 
da rief er seinem Narren: „Freund Kunze, komm' mit mir!" 
3. Den Treuen liebt' er vor allen, wohl einem Gärtner gleich, 
der jeden Baum mit Liebe pflegt in dem Gartenreich, 
doch einen sich erkoren, in dessen Schattenhut 
nach schwüler Tagesmüh' er am liebsten abends ruht. 
4. Es wallten nun die beiden die Straßen ein und aus, 
dort auf dem großen Marktplatz sahn sie ein stattlich Haus- 
Da ries der Kunz: „Mein König, schließt Eure Augen schnell! 
Denn, traun, schon las manch einer sich blind an dieser Stell'. 
5. Französisch ist's; Ihr wißt ja, wie's Frankreichs Sohne treiben, 
die anders schreiben als sprechen, und anders lesen als schreiben, 
und anders sprechen als denken, und anders setzen als singen, 
die groß in allem Kleinen, und klein in großen Dingen." 
6. Ein Rittersmann ans Frankreich wohnt in dem stolzen Haus, 
sein Wappenschild, hellglänzend, hängt hoch zur Pfort' heraus; 
mit Schnörkelzügen zierlich in blankem Goldesschein 
schrieb rings ums bunte Wappen er diese Worte ein: 
7. „Erst Gott zum Gruß, wer's kieset! Auf, Deutscher, kühn und wert, 
hier harrt ein Schild des deinen, wenn kampfesfroh dein Schwert, 
und magst du mich bezwingen nach Ritterbrauch und Recht, 
will ich mich dir verdingen als letzter Rüdenknecht." 
8. Ernst schritt der König fürder; doch an des Ritters Schild 
hängt bald ein Edelknabe der Habsburg Wappenbild; 
und mit dem Frührot harrte auf sand'gem Kampfesplan 
der König gegenüber dem sränk'schen Rittersmann. 
9. Und höher stieg die Sonne; der Franzmann lag im Sand, 
das Siegsschwert, hell und leuchtend, ragt hoch in Maxens Hand, 
„So schlägt ein deutscher Ritter!" er sprach'« und stand verklärt, 
wie Sankt Michael der Sieger mit seinem Flammenschwert.
	        
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