340 XL. B. Die Kurfürsten nach der Reformation.
lichem Gewerbe sich nährend durchaus nicht die wissenschaftliche
Vorbildung zu dem Amte besaßen, das sie seit und nach dem
verheerenden dreißigjährigen Kriege verwalteten. Selbst durch
die wiederholten Kirchen-Visitationen konnte diesem Uebelstande
nur allmählich abgeholfen werden. Der Exorcismus bei der
Taufe war namentlich ein Gegenstand des heftigsten Streites,
obgleich der Kurfürst anbefahl, die Taufe ohne denselben zu voll—
ziehen, sobald die Eltern es wünschten. Darüber sowie über
die Befolgung der Vorschrift, daß alle gehässige Zänkerei in den
Predigten vermieden werden sollte, mußten endlich die Geistlichen
einen schriftlichen Revers ausstellen, wenn sie nicht vom Amte
entfernt werden wollten. Selbst der hochgeachtete Berliner Geist—
liche und bekannte Liederdichter Paul Gerhardt wurde dabei
nicht verschont; er wurde 1667 seines Amtes entsetzt, als er sich
weigerte, ein solches schriftliches Versprechen zu geben. Auch
andere Geistliche wurden aus gleicher Ursach abgesetzt, denn der
Haß der Lutheraner gegen die Reformirten ging so weit, daß es
nicht nur zu öffentlichen Aufläufen und Thätlichkeiten kam, son—
dern daß auch z. B. während des Schweden-Krieges lutherische
Geistliche die Sache der Schweden verfochten, weil diese als
Lutheraner ihnen brüderlich nahe ständen.
In den letzten 16 Jahren seines Lebens hatte der Kurfürst
viel an rheumatischen Schmerzen gelitten und deshalb Bäder
besuchen müssen. Die Krankheit artete in vollständige Gicht und
später in Wassersucht aus. Mit der größten Geduld und Stand—
haftigkeit ertrug er die Schmerzen, nahm von dem Kurprinzen,
seiner Gemahlin und der übrigen Familie sowie von dem
Staatsrathe rührenden Abschied und verschied in christlicher Er—
gebung den April 1688 im 69. Jahre seines Alters.
Friedrich Wilhelm ist zweimal verheirathet gewesen. Seine
erste Gemahlin war Luise Henriette von Oranien, mit der
er im December 1646 seine Vermählung feierte. Sie starb im
December 1667 und hat sich durch ihre Frömmigkeit und Klugheit
ein bleibendes Denkmal gegründet. Noch in später Zeit vermißte
der Kurfürst schmerzlich ihren Rath. Ihrem Wohlthätigkeitssinne
verdankt das Waisenhaus in Oranienburg sein Entstehen, an
welchem Orte sie sich häufig aufhielt, und welcher 1665 seinen
früheren Namen Bötzow in den jetzigen Oranienburg verwandelte.
Die zweite Gemahlin war Dorothea von Holstein-Sonderburg—
Glücksburg, seit 1665 Wittwe des Herzogs Christian Ludwig zu
Lüneburg-Zelle. Die Vermählung fand im Juni 1668 Statt,