Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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Schnell eilte das Mädchen davon und kehrte bald mit freudestrahlendem 
Gesichte zurück, ein Brot im Arme, eine Flasche Wein in der Hand. 
„Das lohne Ihnen Gott!" sagte die Frau mit Tränen in den Augen. Da 
trat der Arzt ein, den der Diener herbeigerufen hatte. Ehrfurchtsvoll ver¬ 
neigte er sich vor dem fremden Herrn, der diesen Augenblick benutzte, um 
still eine Kassenanweisung auf den Tisch zu legen und sich dann unbemerkt 
zu entfernen. Der Arzt untersuchte den Zustand der Kranken, gab seine 
Verordnungen und bemerkte, daß er seinen Besuch jeden Tag wiederholen 
werde. Wegen der Zahlung brauche sie sich keine Sorge zu machen, zumal 
er sogar die Anweisung habe, die Rechnung in der Apotheke zu bezahlen. 
„Wer war der Fremde?" fragte die Frau. „Ich hielt ihn für einen Arzt." — 
„Das war der Kronprinz von Preußen!" Da faltete die Frau still die 
Hände und richtete ein Dankgebet aus innigem Herzen zu dem, der die 
Geschicke der Menschen zum besten lenkt. W. Petsch. 
b) Kronprinz Friedrich Wilhelm und der Bayer. 
Während des letzten Krieges gegen Frankreich vereinten sich nord- 
und süddeutsche Truppen in der sogenannten Südarmee zu herzlicher 
Waffenbrüderschaft. Ganz besonders waren sie ihrem heldenmütigen 
Führer, unserm Kronprinzen, zugetan, den die Bayern gern „unsern 
Fritz" nannten. Dieser verstand es aber auch, nach seiner Väter Weise 
durch Tapferkeit und Leutseligkeit aller Herzen zu gewinnen, die ihm 
nahten. Als er nach der Schlacht bei Wörth einen bayrischen Ge¬ 
meinen anredete und der vortrefflichen Haltung der bayrischen Soldaten 
sein Lob spendete, ging diesem das Herz über, und mit deutscher Treu¬ 
herzigkeit antwortete er: „Ja, Königliche Hoheit, wenn Sie uns im 
Jahre 1866 geführt hätten, dann hätten wir die Preußen schon zusammen¬ 
hauen wollen!" — „Bist ein braver Bursche!", sagte der Kronprinz und 
mußte herzlich darüber lachen. N. Lauxmann. 
78. Geschichten vom Fürsten Lismarck. 
a) Aus Bismarcks Jugend. 
1. Der erste Reichskanzler unsers neuen Deutschen Reichs, unser 
großer Staatsmann Fürst Otto von Bismarck, stammt aus einem alten 
Adelsgeschlechte, das schon im 14. Jahrhundert in der Mark Brandenburg 
angesessen war. Seine Eltern waren der Rittergutsbesitzer und Ritt¬ 
meister a. D?) Ferdinand von Bismarck und Wilhelmine geborene Menken, 
die auf dem Gute Schönhausen wohnten. Hier ward am 1. April 1815 
1) a. D. -- außer Dienst.
	        
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