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hatten bisher stumm und schweigend den Arbeiten zugesehen. Sie blieben 
stumm und schweigend, als nun einer nach dem andern aus dem Felsen¬ 
grabe hervorgezogen wurde und oben auf der Höhe des Trümmerberges 
erschien, welchen sonst niemand besteigen durfte. Nur hier und da ver¬ 
kündete ein lauter Schrei: „Mein Vater! mein Bruder! mein Sohn!" 
daß das Kind oder der Bruder, die Mutter oder der Vater ihre Lieben 
erkannt hatten. Aber als nun endlich der letzte der vierundzwanzig ge¬ 
sund und wohl emporgezogen war, da brachen die Tausende in einen 
begeisterten Jubel aus. Die ganze Volksmenge drängte sich jetzt zu 
dem Trümmerberge und kletterte denselben hinauf. Sie ergriffen die 
Verunglückten, die von ihren Rettern halb geführt und halb getragen 
wurden, und geleiteten sie wie im Triumphe zu dem breiten Strohlager 
hernieder, das in der Eile für sie bereitet worden war. Hier warteten 
ihrer zwei Ärzte, sowie stärkende Weine und Nahrungsmittel. Aber sie 
aßen nicht, sie tranken nicht. Weinend saßen sie mit gefalteten Händen 
auf dem Strohlager. Weinend hingen ihre Lieben an ihrem Halse und 
in ihren Armen. Weinend umstand sie die erschütterte Menge. Nur 
der junge Linke hatte seinen alten Vater entzückt aus die Schulter ge¬ 
nommen und fortgetragen, dahin, wo an der Schwelle des kleinen 
Häuschens die greise Mutter mit ausgebreiteten Armen den Mann und 
den Sohn erwartete. 
Dann aber stimmte einer in der Menge den alten, schönen Choral 
an: „Nun danket alle Gott!" Die Häupter entblößten sich in einem 
Augenblicke, und alle die Tausende stimmten fröhlich ein. Im Thale 
und auf den Bergen, am Ufer und zwischen den Felsen, auf den Kähnen 
und jenseits des Stromes klang das Lied im Jubelton hinauf zum 
Himmel. ' Wilhelm Ziethe. 
Favelrr. 
67. Äsopische Fabeln, 
a) Der Rat der Mäuse. 
Die Mäuse berieten sich einst, wie sie sich gegen die Nachstellungen * 
der Katze schützen möchten. Da machte eine von ihnen den Vorschlag, 
man solle der Katze eine Schelle anhängen, durch deren Klang sie dann 
früh genug zur Vorsicht und zur Flucht ermahnt würden. Der Vor¬ 
schlag fand allgemeinen Beifall. „Wer aber wird der Katze die Schelle 
anhängen?" fragte eine alte und verständige Maus. Alle schwiegen, 
und eine nach der andern schlich sich stille davon. 
Lesebuch für höhere Lehranstalten. I. 
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