Full text: [Teil 2 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 2 = Quinta, [Schülerband])

131 
meine elf Wunden vernarben mehr und mehr. Freilich kann ich meine 
frühere Arbeit als Instrumentenmacher der verstümmelten Hand wegen 
nicht verrichten; doch erhalte ich eine gute Pension und brauche daher 
keine Not zu leiden." — 
So lautet die eigne Erzählung des tapfern Reiters Franz Mucke 
von seinen Erlebnissen in dem Franzosenkriege. Leider müssen wir als 
betrübenden Schluß noch hinzufügen, daß derselbe nur 10 Jahre seine 
wohlverdiente Pension genossen hat; denn er wurde 1880, erst 33 Jahre 
alt, von einem frühzeitigen Tode hingerafft. Haltaus. 
48. Der Gevatter Tod. 
Es hatte ein armer Mann zwölf Kinder und musste Tag und 
Nacht arbeiten, damit er ihnen nur Brot geben konnte. Als nun 
das dreizehnte zur Welt kam, wusst’ er sich in seiner Not nicht 
zu helfen, lief hinaus auf die grosse Landstrasse und wollte den 
ersten, der ihm begegnete, zu Gevatter bitten. Der erste, der 
ihm begegnete, das war der liebe Gott, der wusste schon, was er 
auf dem Herzen hatte, und sprach zu ihm: „Armer Mann, du 
dauerst mich; ich will dein Kind aus der Taufe heben, will für 
es sorgen und es glücklich machen auf Erden." Der Mann sprach: 
„Wer bist du?" „Ich bin der liebe Gott." „So begehr’ ich dich 
nicht zu Gevatter, sagtp der Mann; du giebst dem Reichen und 
lässest den Armen hungern." Das sprach der Mann, weil er nicht 
wusste, wie weislich Gott Reichtum und Armut verteilt. Also 
wendete er sich von dem Herrn und ging weiter. Da trat der 
Teufel zu ihm und sprach: „Was suchst du? Willst du mich 
zum Paten deines Kindes nehmen, so will ich ihm Gold die Hülle 
und die Fülle und alle Lust der Welt dazu geben." Der Mann 
fragte: „Wer bist du?" „Ich bin der Teufel." „So begehr’ ich 
dich nicht zum Gevatter, sprach der Mann; du betrügst und ver¬ 
führst die Menschen." Er ging weiter, da kam der dürrbeinige 
Tod auf ihn zugeschritten und sprach: „Nimm mich zu Gevatter." 
Der Mann fragte: „Wer bist du?" „Ich bin der Tod, der alle 
gleich macht." Da sprach der Mann: „Du bist der Rechte, du 
holst den Reichen wie den Armen ohne Unterschied; du sollst 
mein Gevattersmann sein." Der Tod antwortete: „Ich will dein 
Kind reich und berühmt machen, denn wer mich zum Freunde 
hat, dem kann's nicht fehlen.“ Der Mann sprach: „Künftigen 
Sonntag ist die Taufe, da stelle dich zu rechter Zeit ein.“ Der 
Tod erschien, wie er versprochen hatte, und stand ganz ordent¬ 
lich Gevatter. 
9
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.