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6. Da lächelt in teuflischer Ruhe
der Kaiser der Griechen und spricht:
„Viel hast du getan, doch das Größte,
mein Feldherr, erwähntest du nicht.
Du hast meinen Ruhm mir gestohlen,
du hast meinen Namen beraubt;
drum treffe mein kaiserlich Zürnen
noch heute dein schuldiges Haupt!"
7. Und langsam vom purpurnen Sitze
erhebt sich der Herrscher der Welt.
Er winket, da stürzen die Schergen
hervor auf den wehrlosen Held.
Mit glühendem Eisen ein andrer
voll Hohn dem Gefesselten naht,
und tief in die herrlichen Augen
versenkt er den zischenden Draht.
8. Kein Schmerzenslaut wurde vernommen.
Bleich steht der gewaltige Mann
und hört in verächtlichem Schweigen
den Richtspruch Justinians an:
„Er zieht aus den Toren noch heute,
von allen verlassen, hinaus,
damit in der Fremde als Bettler
er ende voll Jammer und Graus!"
9. Die Fesseln zerbrechen. Der Feldherr
schlägt um sich das dunkle Gewand
und wendet sich stumm nach der Türe
und tastet und sucht mit der Hand.
Er stehet allein auf der Straße,
allein in der volkreichen Stadt.
Doch Tausende sind, die frohlocken,
und keiner, der Mitleid hat.
10. Er neigt sich, er fragt nach dem Wege,
die Menge verlacht seinen Gruß,
und weiter taumelt der Blinde
die Straße mit wankendem Fuß.
Er strauchelt, er stürzet zur Erde,
da raschelt's an seinem Ohr,
da heben zwei liebende Arme
ihn sorglich vom Boden empor.