Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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tochter, Dornröschen genannt, schon seit hundert Jahren schliefe, und 
mit ihr schliefe der König und die Königin und der ganze Hofstaat. 
Er wußte auch von seinem Großvater, daß schon viele Königssöhne 
gekommen wären und versucht hätten, durch die Dornenhecke zu 
dringen, aber sie wären darin hängen geblieben und eines traurigen 
Todes gestorben. Da sprach der Jüngling: „Ich fürchte mich nicht, 
ich will hinaus und das schöne Dornröschen sehen." Der gute Alte 
riet ihm ab, aber er hörte gar nicht darauf. 
Nun waren aber gerade die hundert Jahre verflossen, und der 
Tag war gekommen, wo Dornröschen wieder erwachen sollte. Als der 
Königssohn sich der Dornenhecke näherte, waren es lauter große, 
schöne Blumen, die thaten sich von selbst auseinander und ließen ihn 
unbeschädigt hindurch, und hinter ihm thaten sie sich wieder als eine 
Hecke zusammen. Im Schloßhofe sah er die Pferde und scheckigen 
Jagdhunde liegen und schlafen, auf dem Dache saßen die Tauben und 
hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. Und als er ins Haus 
kam, schliefen die Fliegen an der Wand, der Koch in der Küche hielt 
noch die Hand, als wollte er den Jungen anpacken, und die Magd saß 
vor dem schwarzen Huhne, das sollte gerupft werden. Da ging er 
weiter und sah im Saale den ganzen Hofstaat liegen und schlafen, und 
oben bei dem Throne lag der König und die Königin. Da ging er 
noch weiter, und alles war so still, daß einer seinen Atem hören 
konnte, und endlich kam er zu dem Turme und öffnete die Thüre zu 
der kleinen Stube, in welcher Dornröschen schlief. Da lag es und war 
so schön, daß er die Augen nicht abwenden konnte, und er konnte 
es auch nicht lassen, bückte sich und gab ihm einen Kuß. Wie er es 
mit dem Kusse berührt hatte, schlug Dornröschen die Augen auf, er¬ 
wachte und blickte ihn ganz freundlich an. Da gingen sie zusammen 
herab, und der König erwachte und die Königin pnd der ganze Hof¬ 
staat und sahen einander mit großen Augen an. Und die Pferde im 
Hofe standen auf und rüttelten sich; die Jagdhunde sprangen und 
wedelten; die Tauben auf dem Dache zogen das Köpfchen unterm 
Hügel hervor, sahen umher und flogen ins Feld; die Fliegen an den 
Wänden krochen weiter; das Feuer in der Küche erhob sich, flackerte 
und kochte das Essen; der Braten fing wieder an zu brutzeln; der Koch 
gab dem Jungen eine Ohrfeige, daß er schrie, und die Magd rupfte 
das Huhn fertig. Und da wurde die Hochzeit des Königssohnes mit 
dem Dornröschen in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt bis 
an ihr Ende. Brüder Grimm.
	        
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