Full text: [Teil 1 = Kl. 6 und 5, [Schülerband]] (Teil 1 = Kl. 6 und 5, [Schülerband])

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Der Held tat klug daran, daß er sogleich weiter eilte nach dem 
Wasgengau, der Heimat zu; denn als der Ferge dem König die Fische 
brachte, erkannte dieser, daß sie nicht aus dem Rhein, sondern ander¬ 
wärts herkamen. Er fragte weiter nach denen, die sie dem Schiffmann 
gegeben hatten, und wie der Ferge die Flüchtlinge beschrieb, sagte 
Hagen, der zugegen war: „Das ist der kühne Walter, mein lieber heer¬ 
geselle bei den Hunnen, und die schöne Hildegunde, die mit ihm aus 
der hast entwichen ist." Als der Ferge ferner von zwei schweren, mit 
Gold und Silber gefüllten Kisten, welche die Flüchtlinge mit sich führten, 
sprach, rief Günther: „Wohl, das ist die Schatzung, die voreinst mein 
Vater den Hunnen geben mußte; die soll der Held uns erstatten oder 
das Leben lassen." vergebens mahnte Hagen ab und erklärte, er werde 
nicht gegen seinen heergesellen streiten; der König ließ sogleich zwölf 
Recken, darunter auch Hagen, zu Pferde steigen und verfolgte mit ihnen 
die Spur der Entflohenen. 
Indessen gelangte Walter mit der geliebten Maid in die Gebirge 
des Wasgengaues und zu der höchsten Kuppe, dem Wasgenstein, wo er 
eine Kluft fand, deren Zugang so eng war, daß ihn ein Mann gegen 
viele verteidigen konnte, hier wollte er ausruhen und eine Weile 
schlafen, da er nur selten während der Flucht eines friedlichen Schlafes 
sich erfreut hatte. Er bat die Jungfrau, zu wachen und acht zu haben, 
ob nicht etwa feindliche Gesellen sie überfallen und berauben wollten. 
Er hatte noch nicht lange geruht, da sah Hildegunde Schilde und Helme 
blinken. Sie rief den Helden wach und sagte erschrocken, die Hunnen 
seien gekommen, sie wieder in Gefangenschaft zu führen, „hier sind keine 
Hunnen," sagte er, „hier sind Burgundern" 
Er stand auf und trat gerüstet an den Eingang der Schlucht. Ein 
von Günther entsandter Recke forderte ihn auf, die Schätze auszuliefern. 
Er erbot sich, einen ganz mit Gold gefüllten Schild zu übergeben, wenn 
man ihm freie Fahrt vergönne; allein der König beharrte bei seiner 
Forderung, daher mußte der Kampf entscheiden. Die Kämpfer konnten 
nur einzeln hinaufsteigen, und Walter, der nach hunnischer Weise Gere 
schleuderte, durchbohrte einen nach dem andern mit dem Wurfgeschoß 
oder, wenn dieses fehlte, mit dem Schwerte. Der starke Hagen stand 
seitwärts und kämpfte nicht mit; nur als mehrere seiner Freunde und 
Verwandten unter den Streichen des furchtbaren Helden fielen, zuckte seine 
Hand nach dem Schwerte; aber er zog es nicht. Der König mahnte ihn 
Zum Kampfe, aber er weigerte sich und riet zum Rückzug. Da indessen 
Günther lieber sterben, als sieglos heimkehren wollte, so meinte der 
Tronjer Degen, es sei heilsam, wenn sie sich zum Schein rückwärts 
wendeten und am Morgen, sobald die Flüchtlinge ihre Fahrt fortsetzten,
	        
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