A. prosa.
Märchen und Erzählungen.
wie die Nadelbaume entstanden.
Es gibt Laubbäume und Nadelbäume. Die Laubbäume wissen vom
Winter nichts: sie lassen im herbst die Blätter fallen, schlafen ein, hören
und sehen nichts, bis wieder Lämmer ist. Die Nadelbäume aber be¬
halten ihre Nadeln durch den Winter, frieren und tragen schwere Zchnee-
lasten, finden keinen Zchlas: trübe und dunkel stehen sie in sich versunken,
warten und warten.
Einst trugen alle Bäume nur Laub. „Der Winter ist eine böse
Zeit, nichts für euch," sagte der liebe Gott immer wieder. „Schlaft nur,
schlaft!"
Kber da gab es Bäume: die sichten, die Tannen, die Uiefern und
andere, die machten sich Gedanken. Es verstreicht mehr als ein Viertel¬
jahr, wo man gar nicht lebt; was mag da vorgehen? Es geschieht da
etwas, was man nicht kennt — warum denn nur nicht? Darüber kann
man ganz schwermütig werden.
Die Bäume fingen an, den lieben Gott zu quälen: sie wollten gern
einmal den Winter sehen, und als sie nicht aufhörten, sagte der liebe
Gott endlich: „wenn ihr durchaus wollt, so sollt ihr das ganze Jahr
hindurch munter bleiben; aber ihr werdet es bereuen; ihr dürft dann
nie mehr schlafen."
Da wollten sie.
Die Neugier, als der herbst zu Ende ging!
Der erste Hrost kam. Das Gras starb, die letzten Blumen starben,
die Blätter fielen tot von den anderen Laubbäumen, nur von ihnen
nicht. Die Neugierigen sahen das kahle Land und die Nameraden wie
Gerippe dastehen; da war ihnen doch recht unheimlich und bang. Die
Lonne am Himmel wärmte nicht mehr, der Nordwind fuhr eiskalt daher
Deutsches Lesebuch für Realschulen. I. I