65. Eine geistliche Stadt.
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Laien, die in Brot und Würden des Bischofs standen. Auch nach der Säku¬
larisation bis zur Gegenwart waren es überwiegend Geistliche, welche sich mit
selbständigen Beiträgen zur Geschichte Freisiugs beschäftigten.
Die historische Literatur Freisiugs gliedert sich sehr einfach in drei
Perioden. Die erste geht vom 8. bis zum 15. Jahrhundert und umfaßt
lauter Bücher, welche nebenher Beiträge zur Geschichte von Freising liefern,
obgleich ihr Hauptinhalt weder auf eine Geschichte der Stadt noch des Bistnms
gerichtet ist. Hierher gehört der Bischof Aribo (764—784) mit dem Leben
des hl. Korbinian; der Mönch Kozroh mit seinem über traditionum
antiquus (810—848); Bischof Otto I. (1138 *1158) mit seiner Chronik und
dem Buche de gestis Friderici primi; der Domherr Radevich (oder Ragewin)
mit der Fortsetzung der letztgenannten Schrift; ein anderer freisingischer
Domherr des zwölften Jahrhunderts, Conradus Sacrista, als Verfasser eines
weiteren Schenkungsbuches und endlich auch eiu Laie, der iUotctr 9iuprecht
mit seinem Stadtrechtsbuch von 1328.
Die zweite Periode der sreisingischen Geschichtsbeiträge geht vom 15. Jahr¬
hundert bis zur Säkularisation; sie beginnt mit Veit Arnpeck und gipfelt in
Meichelbeck. In dieser Zeit herrschen die Chroniken oder Kataloge der Bischöfe
von Freising. Die Lektüre dieser Chroniken mutet uns an wie der Gang
durch eine Ahnengalerie; aus den chronologisch zusammengestellten Bildnissen
der einzelnen Bischöfe spricht die Geschichte des Bistums. Zu diesen Bischofs¬
chronisten zählt im 15. Jahrhundert der bischöfliche Kaplan Veit Arnpeck,
im 16. Jahrhundert der Domherr Johannes Freiberger. Solche biographische
Verzeichnisse der Bischöfe wurden dann von Geistlichen bis gegen die neueste
Zeit geschrieben. Auch die Kunst half den Catalogus episcoporum darstellen.
Joachim Haberstock setzte ihn in Verse, ich will nicht sagen in Poesie, und
im 18. Jahrhundert wurde die Reihenfolge der Bischöfe für den „Fürstengang"
(zwischen Schloß und Dom) gemalt nebst den Ansichten der wichtigsten Orte
des Hochstiftischen Landes und kurzen biographischen Aufschriften. Dieser halb
gemalte, halb geschriebene Katalog reicht bis 1789. Für den letzten, nach
der Säkularisation gestorbenen Bischof wäre nur noch notdürftig Platz gewesen,
wenn man die zwei Bilder an der oberen Schmalseite eng zusammengerückt
hätte, dann aber für keinen mehr; es waltete also ein ähnliches Spiel des
Zufalls wie bei den Kaiserbildern im Römer zu Frankfurt. Die alten Bio¬
graphien der Bischöfe sind in Meichelbecks Historia Frisingensis zu einem
großen Geschichtswerke emporgewachsen, welches, reich mit Urkunden belegt,
vielfach über die Geschichte des Bistums hinausgreift.
Die dritte Periode freisingischer Geschichtsliteratur (im 19. Jahrhundert)
hat viel älteres Material gesichtet, veröffentlicht, vervollständigt, aber auch
wesentlich Neues dazu gewonnen. So gab Banmgärtner, ein Geistlicher, den
deutschen Auszug von Meichelbecks Geschichte neu heraus (1854) und führte
bie Chronik bis zur Gegenwart. Hoheneichner (weiland fürftbifchöflicher Hofrat