202 B. Beschreibende Prosa. VIII. Bilder aus dem Völker- und Menschenleben.
in der Stunde. Drei Tage und drei Nächte währte diese schreckliche
Lage.
In der Nacht vom 6. auf den 7. Oktober erreichte der Sturm seine
höchste Spitze. Da noch zerschmetterte er unsern vorderen Mast, riß eine
Radverschalung herab, und während wir nicht wußten, ob wir den kom¬
menden Morgen noch erleben würden, stieg mit Tagesanbruch die Sonne
am heiteren Himmel, Trost und Segen bringend, empor, Rettung ver¬
kündend, Alles mit Freude erfüllend. Zwar noch lange dauerten die
Schwellungen des Meeres fort, aber immer sanfter und sanfter wer¬
dend, bis sich endlich die unabsehbare Fläche zu einem Spiegel geglättet
hatte, an dessen Pracht wir uns nicht satt sehen konnten. Mittlerweile
wurde am Schiffe gebessert, was zerstört worden, und als hätten wir
den Hafen erst verlassen, so vollkommen war Alles wieder in Ordnung,
als wir uns am 11. Oktober nachmittags der Insel Madeira näherten.
Das Wetter war prachtvoll. Ueber die ruhige See spannte sich ein
makelloses, dunkelblaues Zelt; eine andere Luft, warm und mild, hauchte
uns an, und der kalte, unfreundliche Europäische Himmel war ver¬
schwunden.
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