Full text: [Bd. 2, [Schülerband]] (Bd. 2, [Schülerband])

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75. Zwei Geschichten von König Rudolf von Habsburg. 
I. 
Wie König Wuöokf in einer dunklen Suche das Wecht erforschte. 
1. Auf einem Reichstag zu Nürnberg klagte ein Kaufmann 
vor dem König, er habe seinem Wirt in einem Sack zweihundert 
Mark Geldes aufzuheben vertraut, und nun er dasselbe wieder 
fordere, leugne jener, es von ihm erhalten zu haben. Dabei zeigte 
5 er solche Umstände an, daß der König die Klage rechtmäßig befand 
und bei sich überlegte, wie der Wirt, ein angesehener Bürger, zu 
überführen und die Sache an den Tag zu bringen sein möchte. 
2. Nicht lange hernach kamen der Stadt Nürnberg Gesandte 
zum König, unter ihnen auch der beklagte Wirt, und brachten ihre 
10 Sache vor. Der König sängt ein freundliches Gespräch an und 
sagt unter anderem zu dem Wirt: „Du hast einen hübschen Hut. 
Ich gebe dir den meinen dafür." Der Wirt willigt gerne in den 
Tausch. Der König nimmt sich anderer Sachen an, heißt die 
Gesandten warten, geht hinaus und befiehlt einem Bürger, mit dem 
15 Hut des Wirts zu dessen Frau zu gehen und ihr zu sagen, sie solle 
ihm für ihren Mann den so und so beschaffenen Geldsack mitgeben. 
Die Wirtin glaubt dem Bürger wegen des Huts und stellt ihm den 
Sack zu. 
3. Jetzt ließ der König dem Kaufmann sagen, er solle kommen 
20 und seine Klage wider den Wirt vorbringen, fertigte die Gesandten 
ab und behielt den Wirt bei sich. Daraus trat der Kaufmann ein 
und klagte, daß ihm der Wirt sein anvertrautes Gut vorenthalte. 
Der Wirt vermaß sich hoch und teuer, der Kaufmann habe nichts 
bei ihm hinterlegt; er sei ein törichter Mann und mit Einbildung 
25 behaftet. Indem die beiden eifrig widereinander reden, zieht der 
König den Sack hervor, darob dem Wirt Mut und Sprache 
entsanken. 
4. Der Kaufmann erhielt das Seinige zurück, und der Wirt 
wurde um eine große Summe Geldes gestraft. 
II. 
Wie's dem Körrig Wudotf bei einer Wnckersfrnu erging. 
30 1. König Rudolf pflegte sich einem gemeinen Bürger gleich zu 
tragen. Sein gewöhnliches Kleid war ein grauer Rock. Der 
Deutschen Lob, sagte er, bestehe in guter Rüstung und nicht in 
Kleidern.
	        
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