Sagen usw. — 182. Der Mönch von Heisterbach.
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8. Er nennet nun den Mt und nennt das Jahr.
man nimmt das alte Llosterbuch zur Hand;
da wird ein großes Gotteswunder klar:
er ist's, der drei Jahrhunderte verschwand.
9. Ha, welche Lösung! Plötzlich graut sein Haar,
er sinkt dahin und ist dem Tod geweiht,
und sterbend mahnt er seine Brüderschar:
„Gott ist erhaben über Ort und Zeit.
10. Was er verhüllt, macht nur ein Wunder klar!
Drum grübelt nicht, denkt meinem Schicksal nach!
Ich weih: ihm ist ein Tag wie lausend Jahr',
und tausend Jahre sind ihm wie ein Tag."
Wolfgang Müller v. 5tönlg»«inter.
183. Schwert und Pflug.
1. Einst war ein Graf, so geht die Mür',
der fühlte, dah er sterbe;
die beiden Söhne rief er her,
zu teilen Hab' und Erbe.
2. Nach einem Pflug, nach einem Schwert
rief da der alte Degen.
Das brachten ihm die Söhne wert;
da gab er seinen Segen:
3. „Mein erster Sohn, mein stärkster Sp^oh,
du sollst das Schwert behalten,
die Berge mit dem stolzen Schloß
und aller Ehren walten.
4. Doch dir, nicht minder liebes Kind,
dir sei der Pflug gegeben!
Im Tal, wo stille Hütten sind,
dort magst du friedlich leben."
6. So starb der lebensmüde Greis,
als er fein Gut vergeben;
die Söhne hielten das Geheih
treu durch ihr ganzes Leben.
6. Doch sprecht, was ward denn aus dem Stahl,
dem Schlosse und dem Krieger?
Was ward denn aus dem stillen Tal,
was aus dem schwachen Pflüger?