Full text: [Teil 3 = Quinta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quinta, [Schülerband])

Herder u. Liebeskind: Das Paar Pantoffeln. Stieler: Moltkeu.d.Zithersp. 25 
Der Richter konnte ihm seine Bitte nicht versagen. Er behielt die 
unglücklichen Störer der öffentlichen und häuslichen Ruhe bei sich. 
Dem Alten aber gab er die Lehre, daß die rechte Sparsamkeit nur in 
der richtigen Anwendung des Geldes, nicht aber in dessen Zusammen¬ 
scharren bestehe. 
9. Moltke und der oberbayrische Jitherspieler. 
Karl Stieler. Natur- und Lebensbilder aus den Alpen. Stuttgart. 
Es mag um Weihnachten sein, unl die stille einsame Weihnachts¬ 
zeit; aber in diesem Jahr ist sie noch stiller als sonst. Die Bursche, die 
früher wohl jubilierend durchs Dorf zogen, sind draußen im Kriege, 
das langsame Fuhrwerk des Reisenden, das sonst über die Straße zog, 
läßt sich Heuer nicht blicken; Handel und Verkehr, Fröhlichkeit und 
Gesang stehen stille, denn es ist eine große, ernste Zeit. 
Bis ins letzte Bauernhaus im deutschen Reich dringt die gewaltige 
Kunde von Sieg um Sieg; jedes einzelne abgelegene Gehöfte nimmt 
teil an dem, was geschehen ist. 
Vor einem solchen stehen wir heute; wir finden es, wenn wir von 
der uralten Kreuzstraße bei Gmund feldeinwärts gehen; der Hofhund 
streicht knurrend um die winterliche Tür, die niederen Fenster haben 
heut' keine Blumen als jene, die das Eis gezeichnet hat. 
Wir treten ein in die breite Stube, es waltet Sonntagsruhe in 
ihr. Die Mutter ist draußen am flackernden Herde, drinnen aber am 
blanken Tisch sitzt stolz behäbig der Bauer und sieht dem Spiele der 
Kinder zu, die auf der Diele herumrollen. Mehrere Zeitungsblätter 
liegen vor dem Alten, allein sie sind alle längst gelesen, und sinnend 
bedenkt er es, was heute wohl die Stunde kürzen soll. Weit und breit 
ist der Bauer berühmt durch sein Zitherspiel, und doch, er hat es selber 
fast vergessen, daß das einst seine Freude war; die munteren Weisen, 
die schneidigklingenden Almenlieder, sie sind fast eingeschlafen in den 
schwülen Mühen dieses Sommers. Jetzt greift er wieder zur Zither 
in alter Gewohnheit, halb ungewiß, welche Melodieen ihm heute im 
Sinne liegen; denn nicht nur, daß der Bartl jede Weise kennt, er hat 
auch viele der besten selber geschaffen, die im Gebirge in Übung stehen. 
Wenn seine Nachbarn lateinisch könnten, dann würden sie sagen, er sei 
ein Komponist. 
Nun steht die Zither wieder vor ihm auf dem blanken Tisch, mit 
voller Hand schlägt er die Saiten an, und klingend tönt der liebliche 
Laut durch die stille Stube. Es war ein Almenlied, das ihm zuerst 
unter die Finger kam, dessen helle Frische ein munteres Leben in die 
stille Winterstube bringt. Halblaut singt unwillkürlich die Lippe mit.
	        
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