29
7
10
sei bei seiner kranken Frau gewesen, und habe ihr wollen ein Tränk—
lein verordnen, so sei in dem ganzen Hause keine Feder, keine Dinte
und kein Papier gewesen, nur eine Kreide. Da habe der Herr
Doctor das Recept an die Stubenthür geschrieben, und nun solle
der Herr Apotheker so gut sein und solle das Tränklein kochen.
Item, wenn es nur gut gethan hat. Wohl dem, der sich in
der Noth zu helfen weiß.
5.
161. Gute Antwort.
Wer ausgibt, muß auch wieder einnehmen. Reitet einmal ein
Mann an einem Wirthshaus vorbei, der einen stattlichen Schmeer- 10.
bauch hatte, also, daß er auf beiden Seiten fast über den Sattel
herunterhängte. Der Wirth steht auf die Staffel und ruft ihm nach:
Nachbar, warum habt Ihr denn den Zwerchsack vor euch auf das
Roß gebunden und nicht hinten? Dem rief der Reitende zurück:
damit ich ihn unter den Augen habe. Denn hinten gibt es Spitz- 15.
buben. Der Wirth sagte nichts mehr.
162. Der Recrut.
Zum schwäbischen Kreiscontingent kam im Jahr 1795 ein
Recrut, so ein schöner wohlgewachsener Mann war. Der Officier 20.
fragte ihn, wie alt er sei. Der Recrut antwortete: ein und zwanzig
Jahr. Ich bin ein ganzes Jahr lang krank gewesen, sonst wär' ich
zwei und zwanzig.
163. Der geheilte Patient.
Reiche Leute haben trotz ihrer gelben Vögel doch manchmal
auch allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen gott- 25.
lob der arme Mann nichts weiß; denn es gibt Krankheiten, die
nicht in der Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln und Glä—
sern, und in den weichen Sesseln und seidenen Betten, wie jener
reiche Amsterdamer ein Wort davon reden kann. Den ganzen Vor—
mittag saß er im Lehnsessel und rauchte Tabak, wenn er nicht zu 30.
faul war, oder hatte Maulaffen feil zum Fenster hinaus, aß aber
zu Mittag doch wie ein Drescher, und die Nachbarn sagten manch—
mal: windet's draußen, oder schnauft der Nachbar so? — Den
ganzen Nachmittag aß und trank er ebenfalls bald etwas Kaltes,
bald etwas Warmes, ohne Hunger und ohne Appetit, aus lauter
langer Weile bis an den Abend, also daß man bei ihm nie recht
sagen konnte, wo das Mittagessen aufhörte und wo das Nachtessen
anfieng. Nach dem Nachtessen legte er sich ins Bett, und war so
müde, als wenn er den ganzen Tag Steine abgeladen oder Holz
gespalten hätte. Davon bekam er zuletzt einen dicken Leib, der so 40.