Full text: [Bd. 1, [Schülerband]] (Bd. 1, [Schülerband])

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koönnte, so kann man wohl glauben, daß die andern Sonnen auch 
eben so weit jede von der nächsten entfernt seien, bis zur obersten 
Milchstraße hinauf, wo sie so klein scheinen und so nahe bei ein⸗ 
ander, daß uns ein paar hundert von ihnen zusammen kaum aus⸗ 
sehen wie ein Nebelfleck, den man mit einem badischen Sechskreuzer⸗ 
stück bedecken könnte. Es gehört nicht viel Verstand dazu, daß er 
einem stille stehe. 
Wenn man nun 
viertens das alles bedenkt, so will es nicht scheinen, daß alle 
diese zahllosen Sterne, zumal diejenigen, die man mit bloßem Auge 
nicht sehen kann, nur wegen uns erschaffen worden wären, und 
damit der Kalendermacher für des Lesers Geld etwas darüber schrei⸗ 
ben könnte. Wie wenn man in der fremden Stadt auf einer Pilger⸗ 
reise über Nacht ist, und sieht zum erstenmal durch das Fensterlein 
der Schlafkammer heraus, rechts und links über 20 Häuser hinaus, 
sieht man noch viel solcher Lichter abermal brennen, wie in dem 
Schlafstüblein auch eins schimmert. Geneigter Pilger, diese Lichter 
sind nicht wegen deiner angezündet, daß es in dem Schlafstüblein 
lustig aussehe, sondern jedes dieser Lichter erleuchtet eine Stube, 
und es sitzen Leute dabei und lesen die Zeitung, oder den Abend— 
segen, oder sie spinnen und stricken, oder spielen Trumpf aus, und 
das Büblein macht ein Rechnungsexempel aus der Regel de Tri. 
Gleicher Weise wollen verständige Leute glauben, wo in einer 
solchen Entfernung von uns, in einer solchen Entfernung von ein— 
ander so unzählige prachtvolle Sonnen strahlen, da müssen auch 
Planeten und Erdkörper zu einer jeden derselben gehören, welche 
von ihr Licht und Wärme und Freude empfangen, wie unsere Pla— 
neten von unserer Sonne, und es müssen darauf lebendige und ver— 
nünftige Geschöpfe wohnen, wie auf unserer Erde, die sich des 
himmlischen Lichtes erfreuen und ihren Schöpfer anbeten, und wenn 
fie etwa bei Nacht in den glanzvollen Himmel herausschauen, wer 
weiß, so erblicken sie auch unsere Sonne wie ein kleines Sternlein, 
aber unsere Erde sehen sie nicht, und wissen nichts davon, daß in 
Oesterreich Krieg war, und daß die Türken die Schlacht bei Silistria 
gewonnen haben. Sie sehen nicht die Schönheit unserer Erde, wenn 
der Frühling voll Blüthen und Sommervögel an allen Bäumen und 
Hecken hängt, und wir sehen die Schönheit ihres himmlischen Früh— 
lings nicht. — Aber der ewige und allmächtige Geist, der alle diese 
Lichter angezündet hat, und alle die Heere von Weltkörpern in den 
Händen trägt, sieht das Kindlein lächeln auf der Mutter Schooß, 
und die Braut weinen um des Bräutigams Tod, und umfaßt die 
Erde und den Himmel und aller Himmel Himmel mit Liebe und 
Erbarmung. Seines Orts dem Hausfreund, wenn er den Sternen⸗ 
himmel betrachtet, es wird ihm zu Muth, als wenn er in die gött— 
liche Vorsehung hineinschaute, und jeder Stern verwandelt sich in 
ein Sprüchlein. Der erste sagt: deine Jahre währen für und 
für, du hast vorhin die Erde gegründet, und die Him— 
melsind deiner Hände Werk. Der zweite sagt: bin ich nicht 
ein Gott, der nahe ist, spricht der Herr, und nicht ein 
10. 
15. 
20. 
25. 
30. 
35. 
40. 
45.
	        
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