Full text: [Bd. 1, [Schülerband]] (Bd. 1, [Schülerband])

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mit seinem Kinde durchs Feld laufen sah; als es aber der alte 
Sultan zurückbrachte, da war er froh, streichelte ihn und sagte: 
„dir soll kein Härchen gekrümmt werden, du sollst däas Gnadenbrod 
essen, so lange du lebst.“ Zu seiner Frau aber sprach er: „geh 
gleich heim, und koche dem alten Sultan einen Weckbrei, den braucht 
er nicht zu beißen, und bring das Kopfkissen aus meinem Bette, 
das schenk ich ihm zu seinem Lager.“ Von nun an hatte es der 
alte Sultan so gut, als er sichs nur wünschen konnte. Vald her— 
nach besuchte ihn der Wolf und freute sich, daß alles so wohl 
gelungen war. „Aber, Gevatter,“ sagte er, „du wirst doch ein 10. 
Auge zudrücken, wenn ich bei Gelegenheit deinem Herrn ein fettes 
Schaf weghole. Es wird einem heutzutage schwer sich durchzuschla⸗ 
gen.“ „Darauf rechne nicht,“ antwortete der Hund „meinein Herrn 
bleibe ich treu, das darf ich nicht ugeben.“ Der Wolf meinte, das 
wäre nicht im Ernste gesprochen, kam in der Nacht herangeschlichen 15. 
und wollte sich das Schaf holen. Aber der Bauer, dem der treue 
Sultan das Vorhaben des Wolfes verrathen hatte, paßte ihm auf 
und kämmte ihm mit dem Dreschflegel garstig die Haares Der Wolf 
mußte ausreißen, schrie aber dem Hunde zu: „wart, du schlechter 
Geselle, dafür sollst du büßen.“ 
Am andern Morgen schickte der Wolf das Schwein, und ließ 
den Hund hinaus in den Wald fordern, da wollten sie ihre Sache 
ausmachen. Der alte Sultan konnte keinen Beistand finden, als eine 
Katze, die nur drei Beine hatte, und als sie zusammen hinaus— 
Lengen, humpelte die arme Katze daher und streckte zugleich vor 26. 
Schmerz den Schwanz in die Höhe. Der Wolf und sein Beistand 
waren schon an Ort und Stelle; als sie aber ihren Gegner daher 
kommen sahen, meinten sie, er fuhrte einen Saͤbel mit fich, weil 
sie den aufgerichteten Schwanz der Katze dafür ansahen. Und wenn 
das arme Thier so auf drei Veinen hupfte; dachten sie nicht anders, 30. 
als es höbe jedesmal einen Siein auf und wollte damit auf sie 
werfen. Da ward ihnen beiden angfi, das wilde Schwein verkroch 
sich ins Laub, und der Wolf sprang auf einen Baum. Der Hund 
und die Katze, als sie herankamen, wunderten sich, daß sich nie— 
mand sehen ließ. Das wilde Schwein aber hatte sich im Laub nicht 35. 
ganz verstecken können, sondern die Ohren ragten noch heraus. 
Wãhrend die Katze sich bedächtig umschaute, zwinste das Schwein 
mit den Ohren; die Katze, welche meinte, es regte sich da eine 
Maus, sprang darauf zu, und biß herzhaft hinein. Da erhob sich 
das Schwein mit großem Geschrei, lief fort und rief: „dort auf 40. 
dem Baum da sist der Schuldige.“ Der Hund und die Kabe 
schauten hinauf und erblickten den Wolf, der schämte sich, daß er 
sich so furchtsam gezeigt hatte, und nahm von dem Hund den 
Frieden an. 
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