Metadata: [Teil 8 = (9. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 8 = (9. Schuljahr), [Schülerband])

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Brennpunkte zusammen, hier ist die trauliche Stätte, wo das Glück einer 
friedlichen Häuslichkeit jedermann fühlbar wurde. 
Als ein hehres Kleinod, als der Altar des Hauses und der Mittel¬ 
punkt des heimatlichen Lebens ist der Herd vom deutschen Volke von 
jeher gefaßt, wie denn auch der Altar des nordischen Hofes auf vater¬ 
ländischer Erde stehen mußte, die man aus der Heimat mit in die neue 
Ansiedelung nahm, ähnlich wie einst der syrische Feldhauptmann Naeman 
sich vom Propheten Elisa geweihte Erde erbat, um auf ihr seinen Altar 
zu bauen. Als Heiligtum erscheint der Herd durchweg bei unserem Volke 
bis in die neuere Dichtung ; so heißt es noch bei Schiller im Gell: 
„haft du der Kinder liebes Haupt verteidigt, des Herdes Heiligtum be¬ 
schützt?" 
Der häusliche Herd also, welcher in unserer Zeit der Kochmaschinen 
oft kaum mehr als eine Redefigur ist, war vorzeiten eine Wirklichkeit, 
der Ursitz des Haus- und Familiengeistes, der Haus- und Familiensitte, 
wie er der Ursitz der von ihm benannten Herrschaft, der Familie und 
des Volkes ist. In diesem Zinne sagt Goethe: 
Als noch die Frau den Herd versah, 
da stand es wohl um unser Haus! 
Und aus der alten Zchule stammt das Lied: 
Als der Großvater die Großmutter nahm, 
da war ihr die Wirtschaft kein widriger Kram. 
Sie las nicht Romane, sie ging vor den Herd, 
und mehr war ihr Kind als ein Schoßhund ihr wert; 
aber heut', ja, heut' sind es ganz andere Leut'. 
vom Herde ersteht alles echte Haus-, Familien- und Volksleben 
hier sollte der Familienvater als Priester, hier die Hausmutter als 
priesterin walten, hier sollte das Feuer des Glaubens, der Liebe, der 
Hoffnung nicht ausgehen, hier sollte stets das traute „Gesprächsfeuer" 
brennen, wie man die herdflamme nannte; denn um des Herdes gesellige 
Flamme sammeln sich die Hausbewohner. Kurz, hier sollte der haus- 
und Familiengeist gepflegt werden. 
Solch hohe Bedeutung hat der Herd; und diese wurde der jungen 
Frau gleich nach der Hochzeit zu Gemüte geführt, heutzutage harrt beim 
kaum begonnenen hochzeitsmahl draußen schon der wagen, der das junge 
paar zum Bahnhof bringen soll. Früher dagegen war die Hochzeit, „der 
Brautlauf", eine wirkliche heimholung, und da wurde die ganze Bedeutung 
des Herdes der jungen Frau sofort dadurch recht eindringlich gemacht, 
daß man sie dreimal um den Herd führte, wie später die Braut nach der
	        
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