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Zweiter Abschnitt.
Die Zeit des Freistaates.
I. Die Jett des ÄuMüßens.
Die Plebejer erkämpfen sich allmählich Gleichstellung mit den Patriziern;
der Staat dehnt sich aus und erobert schließlich ganz Italien (266).
§ 98. Die Begründung des Freistaates. An die Stelle des
abgeschafften Königtums trat jetzt die Gewalt zweier Konsuln
d. h. Amtsgenossen. Sie waren die höchsten Beamten und die Feld-
Herren des Staates und wurden immer auf ein Jahr vom Volke
gewählt. Ihr Amt war ein Ehrenamt und deshalb ohne Besoldung.
So hielten es die Römer überhaupt mit allen höheren Stellen im
Staatsdienste. In Zeiten großer Gefahr ging die Gewalt der Konsuln
auf einen einzigen Mann über; man meinte nämlich, dann könne
e i n entschlossener Mensch den Staat am besten retten. Der Berufene
wurde Diktator, d. h. Gebieter, genannt. Seine Macht durfte
höchstens einen Sommer oder Winter lang dauern, denn er sollte
sich vor allem nicht an die Alleinherrschaft gewöhnen.
Den größten Einfluß hatte fortan der (Senat. Er überwachte
alle Angelegenheiten, gab den Konsuln Befehle und genehmigte die
Wahlen und Beschlüsse der Volksversammlung. Jahrhunderte hin*
durch blieb er der starke Mittelpunkt des römischen Staates.
§ Römisches Heldentum. Eine schwere Zeit kam über Rom,
als der Etruskerköuig P ors6na den Staat unter seine Gewalt
beugte. Aber durch die Erzählung von Heldentaten der Vaterlands-
liebe verschönten die Römer diese schlimmen Tage. So wehrte ein-
mal, heißt es, der wackere Horatius Cocles die stürmenden
Feinde solange von der Stadt ab, bis die hölzerne Tiberbrücke hinter
ihm abgebrochen war; dann schwamm er glücklich ans römische Ufer.
Ein Jüngling, Mncius, ließ sich als Gefangener im Angesichte des
Etruskerkönigs freiwillig die rechte Hand verbrennen, um zu zeigen,
wie standhaft ein Römer sei; „Linkhand" nannte man ihn seitdem.
Die Jungfrau Elölia entfloh als Geisel aus dem Lager der
Etrusker, stürzte sich in den Tiber und erreichte schwimmend die Stadt;
sie wurde von ihren Mitbürgern dem König zurückgeschickt, von diesem
aber zur Anerkennung ihres Mutes mit der Freiheit beschenkt.
§ 100. Die Volkstribunen. Im Laufe der Zeit gerieten die
Plebejer in große Bedrängnis. Sielkonnten wegen häufiger Kriegs-
dienste oft monatelang ihren Acker nicht besorgen, und mancher mußte,
um leben zu können, bei einem reichen Patrizier borgen. Wenn er
seine Schulden dann nicht bezahlen konnte, so kam er samt seiner