Full text: (Für die sechste Klasse) (Abteilung A, [Schülerband])

Die Beerenlese. 
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„Trini! Trini! Danke tausend-, tausendmal!" rief ihm das Maneli 
aus allen Kräften nach, dann stürzte es in die Äütte hinein. Jetzt 
machte auf einmal das Trini wieder kehrum und kam zurückgerannt. 
Es wollte sehen, was die Mutter mache beim Anblick von Manelis 
Korb, der ja den ganzen Sommer lang nie so voll gewesen war. Nun 
war es wieder da; durch die zerbrochenen Scheiben an dem niedrigen 
täuschen konnte es alles sehen, was drinnen vorging. Die bleiche 
Mutter stand, von den kleinen Kindern umringt, am Tisch und schaute 
auf die Beeren im Korb und auf den Teller daneben, der auch noch 
ganz voll war. Sie fchlug ihre Äände zusammen und sagte einmal ums 
andere zu dem Maneli, das freudeleuchtend zu ihr aufschaute: „Wie 
ist es möglich, Kind, wie ist es nur möglich?" 
„Vom Trini, vom Trini!" wiederholte das Maneli drei-, viermal, 
„es hat mir sie alle gegeben, alle! And denk', Mutter, für so viel gibt 
die Wirtin jetzt zwei ganze Franken." 
„Gott vergelt's dem Kind und ersetz' es ihm und der Großmutter 
hundertfach, was es heut an uns getan hat! Er weiß allein, wie ich 
die ganze Nacht durch gesorgt habe, wo ich am Morgen Brot für euch 
nehme, und nun haben wir ja für manchen Tag genug." 
Die bleiche Frau hatte bei diesen Worten die Äände gefaltet, als 
danke sie im stillen noch für die große Wohltat. Jetzt schoß das Trini 
davon mit einer Freude im Äerzen, wie es in seinem ganzen Leben 
noch keine empfunden hatte. Die Großmutter hatte wohl recht gehabt, 
daß man am Ende den Gewinn davon habe und daß es einem so wohl 
werde wie noch nie, wenn man es recht verstehe, was der liebe Gott 
wolle. Nun machte es noch ganz neue Pläne in seinem Äerzen. Bald 
konnte man auch in die Heidelbeeren gehen und in die Brombeeren, 
und es wollte jedesmal, wenn es seinen Korb gefüllt hatte, noch dem 
Maneli den seinigen füllen helfen, und wurden nicht beide voll, so wollte 
es immer mit ihm teilen, denn das Trini hatte eine noch ganz andere 
Freude in seinem Äerzen über die Worte der armen, kranken Mutter, 
als es je über seinen vollen Korb empfunden hatte. Als es dann end¬ 
lich heimkam und nun im höchsten Eifer seine Erlebnisse erzählte und 
zuletzt der Großmutter den ganz leeren Korb vorwies, sagte es bittend: 
„Gelt, du bist nicht böse mit mir, Großmutter, daß ich kein einziges 
Beerlein heimbringe, du magst sie gewiß alle dem Maneli und seiner 
kranken Mutter gönnen?" 
Da lobte die Großmutter das Kind und sagte, was es getan habe, 
freue sie mehr, als wenn es ihr zwei ganze Körbe voll nach Äause 
gebracht hätte. So gut wie heut abend dem Trini seine Kartoffelsuppe
	        
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