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64. Der Cirknitzer See.
An den julischen Alpen liegt in Krain der berühmte
Cirknitzer See, von jeher das Wunder und Räthsel der Ge-
?end. Oestlich von Adelsberg, da wo die Geheimnisse der
interweit in hundert Gewölben der Kalkfelsen verschlossen
sind, breitet sich der wunderschöne See von Cirknitz aus,
wie ein Spiegel von drei Quadratmeilen. Aus ihm ragen
hervor fünf Inseln, und eine derselben trägt selbst das Dörf¬
chen Ottok. Mehrere Flüsschen fallen hinein. Er ist sehr
reich an Fischen und Wasservögeln, und die ganze Thal¬
gegend umher ist romantisch schön. Neun Dörfer, zwanzig
Kirchen und zwei Schlösser reihen sich um den See. Bei
vielem Regen gewinnt er an Umfang, aber bei sehr trock-
nem Wetter verschwindet sein Gewässer und zieht in den
geheimen Schooss der Unterwelt, begleitet vom Wasserge¬
flügel und allen Fischen. Tritt diese wunderbare Erscheinung
ein, dann läuten die Dörfer umher, und man eilt zum Gewässer,
um noch zu fischen, so viel als möglich. Von Stunde zu Stunde
sinkt tiefer der Spiegel; denn eine Menge von Löchern im
Grunde des Sees verschluckt sein Gewässer. Unterirdische
Höhlen von unermesslichem Umfange, die nie ein menschliches
Auge geschaut, nehmen es auf. Jetzt schaut der Grund des
Sees zum heitern Himmel hinauf; er trocknet ab, und der rüh¬
rige Mensch erntet Gras, wo er sonst fischte; er wagt zu säen
und erntet Hirse und Buchweizen; er nimmt statt des Netzes
das Feuerrohr und erlegt Wildbret. So ist der wunderbare See
mit Recht in dem Rufe, dass man in ihm fischen, jagen und
ernten kann, bis die Zeit sich wendet, häufige Regengüsse,
starke Gewitter sich einstellen. Dann tritt das Gewässer aus
den Grundlöchern gewaltsam herauf. Es speit die Unterwelt
Gewässer, Fische und Seevögel herauf, so dass .binnen vier
und zwanzig Stunden der See gleichsam wieder neu geschaffen
ist. — Der Zusammenhang dieses Sees mit unterirdischen Was¬
serhöhlen, die theils unter ihm, theils höher als er liegen, giebt
die Erklärung des Wunders. Man hat selbst Modelle erfunden,
welche den Vorgang versinnlichen. Guts-Muths.
65. Die Bauernhäuser im Osnabrückischen.
Der Herd ist fast in der Mitte des Hauses und so angelegt,
daß die Frau, welche bei demselben sitzt, zu gleicher Zeit Alles
übersehen kann. Ein so großer und bequemer Gesichtspunkt ist
in keiner andern Art von Gebäuden. Ohne von ihrem Stuhle
auszustehen, übersieht sie zu gleicher Zeit drei Thüren, dankt
denen, die hereinkommen, heißt solche bei sich niedersetzen, behält
ihre Kinder und Gesinde, ihre Pferde und Kühe im Auge, hütet