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5. Da hub die Wage
Des Weltgerichts
Am dritten Tage
Der Herr des Lichts,
Und warf den Drachen
Vom güldnen Stuhl
Mit Donnerkrachen
Hinab zum Pfuhl.
Ehre sei Gott in der Höhe!
6. Nun bebt vor Gottes
Und Deutschlands Schwert
Die Stadt des Spottes,
Der Blutschuld Herd;
Ihr Blendwerk lodert
Wie bald! zu Staub,
Und heimgefodert
Wird all' ihr Raub.
Nimmermehr dräut uns der
Erbfeind.
7. Drum laßt die Glocken
Von Turm zu Turm
Durchs Land frohlocken
Im Jnbelsturm!
Des Flammenstoßes
Geleucht facht an!
Der Herr hat Großes
An uns gethan.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Emanuel Geibel.
Vierte Abteilung.
Dichtungen.
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1. Lin schlauer Sperling haschte sich
Ein blaues Mückchen. „Weh’ mir Armen!“
Rief es, „ach Herr, verschone mich,
Lass meiner Jugend dich erbarmen!“
„Nein,“ sprach der Mörder, „du bist mein;
Denn ich bin gross, und du bist klein.“
2. Ein Sperber fand ihn bei dem Schmaus;
So leicht wird kaum ein Floh gefangen,
Als Junker Spatz. „Gieb,“ rief er aus,
„Mich frei! Was hab’ ich denn begangen?“
„Nein,“ sprach der Mörder, „du bist mein;
Denn ich bin gross, und du bist klein.“
3. Ein Adler sah den Gauch1) und schoss
Auf ihn herab und riss den Rücken
Ihm auf. „Herr König, lass mich los,“
Rief er, „du hackst mich ja in Stücken.“
„Nein,“ sprach der Mörder, „du bist mein;
Denn ich bin gross, und du bist klein.“
1) ein einfältiges, dummes Tier.