W. Grube: Lykurg.
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über standen, sprach er lächelnd zu seinen Begleitern: „Man sollte meinen,
ganz Lakonika gehöre vielen Brüdern, welche eben geteilt haben!"
Lykurg blieb indes hierbei nicht stehen; auch die bewegliche Habe
mußte geteilt werden, wenn die Ungleichheit schwinden sollte. Die Gold-
und Silberschätze waren aber leicht zu verbergen, und so gutwillig würden
ihre Besitzer sie nicht hergegeben haben. Was that nun der kluge Mann?
Er schaffte alle Gold- und Silbermünzen ab und führte eisernes Geld ein,
dessen Stücke aber so groß und schwer waren, daß man, um 1000 Mark
aufzubewahren, ein großes Gemach haben, und um diese Summe fortzu¬
schaffen, einen zweispännigen Wagen nehmen mußte. Sobald diese neue
Münze in Umlauf kam, verschwanden aus Sparta eine Menge von Ver¬
brechen. Denn wer hätte noch Lust gehabt durch Diebstahl, Betrug oder
Bestechlichkeit Geld an sich zu bringen?
Mit den Gold- und Silbermünzen verschwanden noch viele unnütze
Künste, ohne daß sie Lykurg besonders in Bann zu thun brauchte. Denn
die übrigen Griechen bedankten sich schön für das eiserne Geld und wollten
es im Handel nicht nehmen. Daher konnte man in Sparta keine aus¬
ländischen Flitterwaren kaufen; kein Handelsschiff lief in den lakonischen
Hafen ein; kein Lehrer der Beredsamkeit, kein Wahrsager, kein Gold¬
arbeiter betrat mehr das arme Land. So mußte der Luxus von selbst
absterben, und die einheimischen Künstler verwandten ihre Geschicklichkeit
auf die Anfertigung der unentbehrlichen Hausgeräte wie Betten, Stühle,
Tische und Becher.
Um alle Üppigkeit noch wirksamer zu bekämpfen, führte Lykurg die
gemeinschaftlichen Mahle ein. Kein Mann durfte zu Hause essen, selbst die
Könige nicht. Zur bestimmten Stunde mußte sich jeder nach dem Markte
verfügen, wo an großen Tischen gemeinschaftlich gespeist wurde. Jede
Tischgesellschaft bestand gewöhnlich aus fünfzehn Personen, und jeder Tisch¬
genoß lieferte dazu einen bestimmten monatlichen Beitrag an Gerstenmehl,
Wein, Käse, Feigen und etwas Weniges an Geld zum Ankäufe der Zukost.
Außerdem schickte der, welcher opferte, eine Erstlingsgabe, und wer ein
Wild erlegt hatte, einen Teil seiner Beute. Ein Lieblingsgericht war die
schwarze Suppe, ein Gemisch von Schweinefleischbrühe, Blut, Essig und
Salz. Ein fremder Fürst, der viel von dieser Suppe gehört hatte, ließ
sich eigens einen spartanischen Koch kommen, um sich ein solches Gericht
bereiten zu lassen. Aber ihm wollte die Suppe nicht schmecken. „Ich
dachte es wohl," sagte der Koch, „denn unsere Suppe schmeckt nur denen
gut, die tüchtig gearbeitet und gehungert haben."
Zu diesen Mahlzeiten der Erwachsenen fanden sich auch oft die Knaben
in den Speisesälen ein; man führte sie dahin als in Schulen der Weis¬
heit, wo sie Gespräche über die öffentlichen Angelegenheiten hörten, Vor¬
bilder eines würdigen Benehmens vor Augen hatten und sowohl ohne
Roheit scherzen als auch ohne Verdruß den Scherz ertragen lernten.