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5. Als ich von meinen Jungen Abschied nahm, trat einer hervor, der
einen schönen, violetten Samtkittel anhatte, und sagte: „Das war aber
das allerschönste Weihnachtsfest in meinem Leben", und die andern nickten
dazu und drückten mir die Hand. Das sind jetzt alles große Männer
geworden; dem: es ist bald 40 Jahr her, daß ich mit meinen Jungen
ausgegangen bin. Als ich vor Jahren einen von ihnen traf — es war
gerade der Samtkittel —, sagte er: „Wenn ich 100 Jahr alt werde,
vergesse ich jenen Abend nicht. Da hab' ich zum erstenmal eine Ahnung
bekommen, wie wahr das Wort ist: Geben ist seliger denn Nehmen."
CmU Fromme!. (Aus Lenz und Herbst.)
114. Vorüber, hinüber.
1. Vorüber ist das alte Jahr!
Ob's fröhlich dir, ob's traurig war,
ob du geweint, ob du gelacht,
ob du geschlmnmert, ob gewacht,
ob du die Zeit genützet hast,
ob sie vergeudet und verpraßt:
das Jahr, das einst so lang dir schien,
vorüber rauscht' es, hin ist hin:
vorüber, vorüber!
2. Und doch! das Zahr, das du erlebt,
und was du drin gewirkt, erstrebt,
der schweiß von deinem Angesicht,
die heil'ge Arbeit deiner Pflicht,
dein Ringen mit des Lebens Not,
dein Stillefein in deinem Gott,
was dein an Schmerz und Freude war,
du nimmst es mit ins neue Jahr
hinüber, hinüber!
3. Die Stunde kommt, vielleicht schon bald,
ob jugendsrisch du bist, ob alt,
wo mehr noch wird vorüber sein
als dieses flücht'ge Jahr allein,