Full text: Prosa für das Seminar (Teil 2, [Schülerband])

VII. Erd- und Völkerkunde. 
291 
9 
mn 
auf dem Neptun ebenfalls lebende organische Wesen gibt, obgleich er so weit 
von uns entfernt ist, daß wir mit einem Eilzuge, welcher in der Sekunde 
zwanzig Meter zurücklegt, ununterbrochen 7315 Jahre fahren müßten, um 
dahin zu gelangen. Auch für diesen Himmelskörper ist die Sonne die be— 
lebende und erhaltende Kraft; allein sie erscheint den Bewohnern daselbst 
nicht größer als uns der Planet Jupiter in seiner günstigsten Stellung. Licht 
und Wärme sind auf dem Neptun dreißigmal geringer als auf unserer Erde. — 
Aber mit dieser Erkaltung der Sonnenoberfläche würden zugleich andere 
Vorgänge eintreten, die plötzlich den Untergang aller Lebewesen auf der 
Erde herbeiführen müßten. Wir meinen die Entstehung des Wassers auf 
der Sonne. Daß auch die Sonne dereinst Wasser erhalten muß, steht außer 
Zweifel. Die dafür nötigen Gase, Sauerstoff und Wasserstoff, sind heute 
schon daselbst vorhanden, doch ist der Wärmegrad noch viel zu hoch, um 
die Vereinigung dieser beiden Gase zu gestatten. Ist die Erkaltung der 
Sonnenoberfläche aber in späteren Zeiten weit genug vorgeschritten, dann 
wird und muß diese Vereinigung geschehen. Die Folge davon können wir 
un chemischen Laboratorium beobachten. Wenn dort Wasserstoff und 
Sauerstoff zu Wasser verbunden werden, entwickelt sich das sogenannte Knall— 
gas mit plötzlicher und bedeutender Wärmeentwicklung. Dasselbe müßte 
also auch auf der schon erkalteten Sonne eintreten, nachdem zuvor durch 
Jahrtausende bereits das Menschengeschlecht auf der Erde sich an einen sehr 
niederen Wärmegrad und an eine völlige Dunkelheit gewöhnt hätte. Und 
o müßte dieses plötzliche Aufleuchten der Sonne mit einem Schlage alles 
Arganisch: Leben der Erde vernichten. Es ist die Schilderung dieses Vor— 
janges kein Hirngespinst. Wir haben ihn schon wiederholt am Himmel 
bei anderen Sonnen beobachtet. Es sind gegenwärtig etwa zwanzig solcher 
Fälle bekannt. Am besten beschrieben wurde zuerst jener, welchen der be— 
rühmte Astronom Tycho de Brahe selbst beobachtete. Als dieser Gelehrte 
am 11. November 1572 nachts aus seinem Laboratorium in die Wohnung 
zurückkehrte, sah er einen hellglänzenden Stern an einem Punkte des Himmels, 
wo er nie zuvor einen solchen beobachtete. Die Helligkeit war so be— 
deutend, daß der Stern selbst am Tage sichtbar war und viele Menschen 
auf den Straßen stehen blieben, die Fuhrleute ihre Wagen anhielten, um 
das Wunder am Himmel zu betrachten. Der Stern nahm jedoch an 
Glanz beständig ab und verschwand, nachdem er siebzehn Monate lang 
sichtbar war und sich seine Farbe, die anfangs weiß gewesen, in Rot und 
n Schlusse wieder in Weiß verwandelte, spurlos fur das freie Auge. Es 
st allen zwanzig Fällen, die wir bis heute kennen, eigen, daß der Glanz 
Nötzlich erscheint und dann langsam verschwindet. Wir haben also in der 
dn hier einen chemischen Vorgang vor uns, durch welchen auf längst er— 
alteten Sonnen eine furchtbare, plötzliche Entwicklung von Licht und also 
sicherlich auch von Wärme eintritt, und wir können vollkommen überzeugt 
ein, wenn jene fremde Sonne gleichfalls ihre Planeten hat wie die unserige 
und diese Planeten von Organismen bewohnt sind, dann sind am 27. No— 
19*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.