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Hölderlin. Hebel.
9. Die Kürze.
„Warum bist du so kurz? liebst du wie vormals denn
Nun nicht mehr den Gesang? saud'st du als Jüngling doch
In den Tagen der Hoffnung,
Wenn du saugest, das Ende nie?"
Wie mein Glück ist mein Lied. — Willst du im Abendrot
Froh dich baden? Hinweg ist's. und die Erd' ist kalt.
Und der Vogel der Nacht schwirrt
Unbequem vor das Auge dir.
10. Hyperions
Ihr wandelt droben im Licht
Auf weichem Boden, selige Genien!
Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Schicksallos. wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
In bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist.
Schicksalslied.
Und die seligen Angen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.
Doch uns ist gegeben
Auf keiner Stätte zu ruhn.
Es schwinden, es fallen
Die leidenden Menschen
Blindlings von einer
Stunde zur andern,
Wie Wasser von Klippe
Zn Klippe geworfen
Jahrlang ins Ungewisse hinab.
7. Hebel.
1. Ter Knabe im Erdbeerschlag.
E Büebli lauft, es goht in Wald
Am Sunntig Nomittag;
Es chunnt in d'Hürst und findet bald
Erdbeeri Schlag an Schlag:
Es günnt und ißt fi halber z'tod.
Und denkt: „Das isch mi Obebrod."
Und wie nes ißt, so ruuschts im Laub;
Es chunnt e schöne Chnab.
Hnrst, Busch; gönnen, pflücken; chunnt, kommt.