Full text: Für die Oberstufe der Lehrerseminare sowie zur Fortbildung für Lehrer (Band 4, [Schülerband])

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Klopstock an seine Mutter. 
Kopenhagen, den 16. November 1756. 
„Wie sehr uns die Nachricht von unseres so theuren, geliebten seligen Vaters 
Lode gerühret hat, können Sie Sich vorstellen, liebe Mutter. Wir danken Ihnen, 
Sie durch Gisele haben an Cramer schreiben lassen. Es war uns sehr nöthig, 
ß wir jene Nachricht nicht durch einen schwarzen Brief empfingen. Es war am 
nbend daß uns Cramer davon sagte; und am Sonntage bekamen wir Ihren 
tief. 
Ich will unsere Wunde nicht weiter aufreißen. Unser Gott hat es so gewollt. 
dein Name sei gelobt, daß er uͤnserem theuren Vater ein so schönes Ende gegeben 
sit! Er ist nun viel glückseliger, als wir. Der Name des Herrn sei gelobt! 
Sobald es Ihnen Ihr Schmerz zuläßt, liebste Mama, so schreiben Sie mir 
noch umständlicher von unseres theuren seligen Vaters Krankheit und Tode. 
Nene lieben Geschwister, die beiden kleinen nicht ausgenommen, sollen dieses auch, 
in jedes besonders, thun. Es ist gut, daß wir uns insgesamt mit diesen Vor— 
kellungen unterhalten; denn es ist uüberhaupt nichts heilsamer, als öftere Todesbe— 
3— — Wenn ich mir eine umständlichere Nachricht ausbitte, so verstehe ich 
ar die kleinsten Umstände, die Ihnen nur einfallen, darunter. Ich will Ihnen 
ige kleinere und größere anzeigen: In welcher Stube oder Kammer ist er gestorben? 
Per war, nach Ihnen, in seiner Krankheit am meisten zugegen? Glaubte er vom 
lufange des Blutsturzes an, daß er daran sterben würde? Und wenn er es nicht 
leich anfangs glaubte, wann fing er an, es zu glauben? — Er erinnerte sich gewiß 
ler abwesenden Kinder, die ihn so sehr geliebt haben und noch lieben; auf welche 
rt, mit welchen Worten that er es? — Ich hoffe, daß wir so leben werden, daß 
et Segen seines Gebetes auf uns ruhen wird. 
Wein Schmerz ist zwar durch die Gnade Gottes ruhig; aber er wird lange 
huern Ich habe ihn sehr, seht geliebt. Ich habe viel an meine selige Großmutter, 
ie mich zuerst in der Religion unterrichtet hat, und an den seligen Johann Chri— 
ian gedacht. Nun sind diese drei von mir so sehr Geliebten in der Ruhe der 
Lwigkeit bei einander. 
Ich glaubte, Meta würde hierher noch ein paar Zeilen schreiben; aber der Be— 
uh, den sie hat, hält sie zu lange auf. Gottlieb. 
Nvs. Ich kann Ihnen nur sagen, daß ich den Verlust eines leiblichen Vaters 
loch einmal fühle. Gott erhalte Sie alle! Meta. 
Siehe auch: Bd. U, Nr. 195 (Die frühen Gräber); Nr. 217 (Psalm). — Bd. III, Nr. 67 
Die Oden Klopstocks); Nr. 121 (Die Auferstehung); Nr. 153 (Frühlingsfeier) 
74. Christoph Martin Wieland. 
1733 zu Oberholzheim bei Biberach in Schwaben; besuchte die Schule Klosterbergen bei Magde— 
urg, stubierte in Erfurt und Tübingen die Rechte, ging 1752 zu Bodmer nag Zürich, dichtete den 
Gepruften Abraham“ und „Empfindungen eines Christen“; er schlägt, nach Biberach zurückgekehrt, 
n Verlehre mit der Familie Stadion und la Roche in die eutgegengesetzte Richtung um, ward 
nleibteitor in Biberach, 1769 Professor der Literatur in Ersurt, 1772 Erzieher der beiden 
August und Constantin von Wennar, lebte hier und später auf seinem Landgut Osman— 
bdt bei Weimar, 1806 von Napoleon geehrt. Gest. 1813. Er findet die wahre Lebensweisheit 
cht in fullchen Zielen, sondern im sinnlichen, durch Maß und Grazie begrenzten und verschönten 
Nnussen Prosaische und poetische Erzͤhlungen. Göttergesprache (gegen das Christenthum). Abderiten 
hen kleinstädtische Spießbürgerei). Uebersetzungen: Lucian, Aristophanes, Cicero, Shakespeare. 
Seln Eposn Oberonist ausgezeichnet durch Kunst der Composition und Erfindung, Wohlklang 
ind Liblialeit der Sprache. Doch fehlt scluen Schriften das religiös⸗sittliche und das patriotische 
lement.
	        
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