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Farbeitet, so würdest du dir ein weiteres Ziel gesteckt haben und nicht so selbst—
ian am Wege sitzen. Arbeitest du nicht an dir fort, so arbeitet die Zeit gegen
ih. Das Wertzeug, das du nicht brauchst, frißt der Rost; und ein Schacht, der
licht befahren wird, verfällt. Reichthum wächst durch Verkehr; lässest du ihn liegen,
b bermindert er sich, wie ein Papier, das im Kurse sinkt. Wenn du im Laufe still—
sehst so kömmst du zurück; denn die Zeit und Welt schreitet unaufhaltsam vor.
Venn du also einen Grund gelegt hast, so baue darauf fort, bis du unter Dach
ist; aber du kannst sicher glauben, daß es erst jenseits des Grabes so weit kommen
bird. Laß dich dennoch nie träge finden. Was dich in deiner Jugend gefördert
sit, wird dich auch im Alter fördern, und was dir die Zeit an warmem Leben ent—
seht, das sete du selbst durch vermehrte Bewegung und erhöhte Thätigkeit zu. In
tnem Acker, den der Frost des Winters durchkältet hat, muß der Pflug tiefer gehen;
und eine Krankheit im Alter verlangt eine kräftigere Nachkur. Uebrigens gibt es ja
bohl überhaupt keine Zeit, wo du ein Recht hättest, die Kräfte, welche dir Gott ver—
lehen, ungenutzt zu lassen.
Sentenzen.
Um Freude an seinen Kräften zu haben, muß man ihrer bewußt sein: dieses Bewußtsein
iber erlangt man nur durch Anstrengung.
VWenn ein weiser und tugendhafter Mann Gott befragt, so empfängt er die Antwort
durch sein eigenes Herz. ————
WVer sich gewöhnt, keinen Tag zu beschließen, ohne einen Blick rückwärts zu thun
d die sittliche Geschichte des Tages durchzumustern, und keinen anzufangen, ohne an die
klippen zu denken, die ihm drohen, der macht gewiß Fortschritte im Guten und darf hoffen
duf Gott.
Das Lob, das dem Verdienste gebürt, ist einer Ehrenschuld gleich zu schätzen, die man
ngemahnt und unverkürzt entrichten muß.
Es ist leichter, seinen Glauben durch den Tod, als durch das Leben zu bewähren. Die
dahl der Märtyrer ist größer als die Zahl der Heiligen.
Die Achtung ist nicht die Wurzel, aus welcher die Rebe der Liebe erwächst; aber sie ist
die Ulme, an der jene sich aufraukt und ihre köstlichen Früchte reift.
Neue, kühne, begeisternde Ideen erzeugt nur ein heller Kopf, der über einem glühenden
derzen seht. Dan Wlichste Wein gedeiht auf Vulkanen.
Der schöpferische Geist strömt, wie der Nil, aus unbekannten und geheimen Quellen
servor, bricht sich Bahnen durch Felsen und über Gebirge hin, befruchtet die Gegenden, die
durchzieht, mit wunderbarem Reichthum, und vermehrt endlich, wenn er sich aus zahllosen
Mindugen ergießt, das Meer der-Wissenschaft.
Die Mißgunst der Menschen findet beim Anblicke eines großen und leuchtenden Verdienstes
ht eher Ruhe, als bis sie es getheilt und den Koloß in mehrere Stücke von gewöhnlicher
Menschengroße zerschlagen hat. — —
Ohne Grundsãtze kämpfen unsere Gefühle gegen das Böse, wie ein Heer, das keinen
dührer hat und weit öfter zurückgeworfen wird, als siegt.
Ich möchte tausendmal lieber todt sein, als mich in den Wahn hineinaltern, daß es
ichts Großes und Reines auf Erden gäbe.
diehe auch: Bd. I. Nr. 123 (Das Testament); Nr. 166 (Der Maure und sein Gastfreund); Nr. 204
Das Opfer kindlicher Liebe)ß; Nr. 309 (Das Krankenbett). — Bd. U, Nr. 5 Der Holzhauer).