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als Wind und viel Geschrei. Und was verdient jetzt so ein Musikant bei einer Kirchweih'? Vor
Zeiten waren drei Mann vollauf, jetzt müssen's sechs, sieben sein; sonst waren kleine Stuben,
kleiner Baß und groß Geld, jetzt — große Stuben, großer Baß und klein Geld.
Ich bin einmal mit zwei Kameraden im Schabacherthal rumzogen, da sind uns die Federn⸗
thalern von allen Seiten zugeflogen. Einmal haben sich zwei Orte schier todtgeschlagen, weil mich
ein jedes hat zur Kirchweih haben wollen.“
Nun erzählte der Alte eine seiner Hauptgeschichten, wie ihn nämlich ein Ort wegen seines
guten Geigenspieles als Lehrer angenommen, die Regieruug aber einen anderen mit Dragonern
einsetzen wollte, wie sich das ganze Dorf revoltierte, so daß es am Ende doch bei seiner Bestallung
blieb. —
„Hat denn Euer Ansehen als Lehrer nicht darunter gelitten, wenn Ihr auf den Kirchweihen
spieltet?“ fragte der junge Mann.
„Im Gegentheil, ich hab' hier im Ort mehr als funfzigmal gespielt und Ihr werdet keinen
sehen, der nicht die Kapp' vor mir lupft.“
Der Redefluß des Alten war in ununterbrochenem Gange, bis man wieder in den Garten
zurückgekehrt war.
Anderen Tages ging unser Freund wieder allein in das Feld, er sah den Buchmaier, der auf
einem großen, breiten Acker mit einem Pferde, das vor eine Art Walze gespannt war, arbeitete—
„Fleißig, Herr Schultheiß?“ sagte der junge Lehrer; er hatte sich nun schon die bräuchlichen
Anreden gemerkt.
„Ja, der ist's; das freut mich, daß Ihr auch daran denket; ich hab gemeint, Ihr denket
allfort blos an Eure Geschriften.“
„Ist das die neue Säemaschine, die Ihr da habt? Findet Ihr es nun mit der Maschine
nützlicher, als mit der früheren Art zu säen?“
„Wohl, es wird gleicher, ist aber nur für große Aecker; Bauern, die nur ein klein Schnipsele
haben, das man wohl mit einer Handvoll überlangen kann, die säen besser mit der Hand.“
„Finden solche neue Erfindungen hier leicht Eingang?“
„Nein. Wie ich zum erstenmal meine Ochsen jeden in ein besonder Joch gespannt hab',
ist das ganze Dorf nachgelaufen; wie ich nun gar das Ding da vom landwirtschaftlichen Fest heim⸗
bracht hab' und zum erstenmale mit 'naus bin, da haben mich die Leute für närrisch gehalten.“
„Es ist doch traurig, daß die Verbesserungen so schwer bei dem gewöhnlichen Volke Eingang
finden.“
„Oh, Fuchs, oha!“ schrie der Buchmaier seinem unruhig scharrenden Pferde zu; dann es
fester haltend, fuhr er fort: „Das ist gar nicht traurig, Herr Lehrer, im Gegentheil, das ist recht
gut. Glaubet mir, wenn die Bauersleut' nicht so halsstarrig wären und jedes Jahr das Ver—
sucherles machen thäten, das die studierten Herren aushecken, wir hätten schon manches Jahr hun⸗
gern müssen. Oha, Fuchs! Ihr müsset Euch in der Landwirtschaft ein bißle umsehen, ich will
Euch ein paar Bücher geben.“
Ich will zu Euch kommen, ich sehe, das Pferd will nicht mehr stillhalten; ich wünsch' ge—
segnete Arbeit.“
„B'hüts Gott“, sagte der Buchmaier, über den letzten Gruß lächelnd.
Der Lehrer ging seines Weges, der Buchmaier fuhr in seiner Arbeit fort. Kaum war aber
ersterer einige Schritte entfernt, als er den Buchmaier den Lauterbacher pfeifen hörte; er schreckte
ein wenig zusammen, denn er war noch nicht frei von Empfindlichkeit und war geneigt, dies für
Spott zu halten; bald aber sagte er sich wieder: „Der Mann denkt gewiß nichts Arges dabei “ —
und darin hatte er recht, denn der Buchmaier dachte nicht nur nichts Arges, sondern gar nichts
dabei, die lustige Weise war ihm ebenso in den Mund gekommen.
Am Sonntag ging der junge Lehrer wieder zum alten, er fand ihn im Garten; neben ihm
auf einer Bank saß ein junges Mädchen aus dem Orte, eine Verwandte, Namens Hedwig; beide
schienen nichts gesprochen zu haben.
NNach einigen gewöhnlichen Redeweisen begann der Lehrer: „Es ist doch eine hohe, erhabene
Sache, daß der siebente Tag durch die Religion geheiligt und aller Arbeit entledigt ist;