Contents: Für die Oberstufe der Lehrerseminare sowie zur Fortbildung für Lehrer (Band 4, [Schülerband])

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muß sich aber geben nicht auf eine gezierte Weise, nicht äußern durch ein Hin- und Her— 
hießen, sondern als ob es sich von selbst verstünde, so sein müßte. Es ist kaum eine Eigen⸗ 
haft des Lehrers, welche die Kinder so schnell auffassen, als diese, so viel Respekt davor 
aben; durch sie kömmt man hundert Unarten zuvor, erspart sich also auch hundert Strafen, 
enso viele Unterbrechungen, und die Schule erhält erst dann ein ordentliches Aussehen. 
Es ist doch merkwürdig, wie stille, liebe Ergebung tausendmal mehr wirkt, als laute, 
begehrliche Ungenügsamkeit. O, wenn doch das alle Weiber wüßten und junge Schulmeister! 
Das Versetzen für ältere Bäume ist sehr gefährlich, für wenige heilsam und hemmt 
ilemal auf lange das Tragen der Früchte. Wie würde es wohl in dem Baumgarten aussehen, 
in welchem man alle Bäume alle zehn oder fünfzehn Jahre versetzen würde? Wäre wohl in 
inem solchen Garten ein gewaltiger Baum, mächtig in den Aesten, weithin verbreitend seine 
Vuteln und kühn den Stürmen trotzend? In einem solchen Garten wären lauter Bäume, 
hie kaum ihr Leben zu fristen vermöchten mit ihren verstümmelten Aesten und Wurzeln. Ihre 
rüchte würden sparsam sein, ihr Aussehn ein trauriges, und jeder Winter würde toddrohend 
in dem armen Baume, der in dem ungewohnten Boden nicht zu frischen, frohen Säften 
nen kann. So sieht es aber mehr oder weniger aus unter den Lehrern. Da ist selten ein 
ächtiger Stamm, stark, schön und alt, gepflegt und bewundert; denn selten einer hat sich 
nicht selbst verstümmelt, selten einer ist dageblieben, wo er zuerst anwuchs mit seinem jungen, 
laschen Blute und reiches Leben spendete und in sich sog. Er riß sich los, verblutete zuletzt, 
ur d der Rest des alten, trägen Blutes will nicht mehr rechtes Leben fassen, wie es auch nicht 
serne mehr alte, gebrechliche Glieder zusammenleimt. Das ist dann ein Sterben und Kränkeln; 
r Boden klagt den Baum an, der Baum den Boden, bis der arme Baum todt in sich selbst 
jusammenfällt, unbeweint und unvermißt, denn auf seine Stelle hat man schon lange gepaßt 
sür einen jungen Baum, der auch Früchte trage. 
Aus „Uli der Knecht“ und „Uli der Pächter“. 
Es möchten die Menschen so gern unentbehrlich sein und verstehen doch so selten, sich 
umentbehrlich zu machen. 
d Wenn Aerger im Menschen ist, so macht er selten das Klügste, sondern gewöhnlich das 
Oümmste. 
Es ist nicht gut, wenn man sich gewöhnt, alles nach seinem Kopf erzwingen zu wollen. 
Das gibt am Ende einen Zwang, unter dem die anderen leiden. Alles versteht man 
doch nicht. 
Eine Frau ist der ärmste Tropf von der Welt, wenn sie nicht in jedem Augenblicke die 
Magd vorstellen kann. Weiß sie nicht, wie man eine Sache macht, so hat keine Magd Respekt 
bor ihr, hält sie zum besten. 
Mit erfrorenen Fingern macht man keinen Knoten auf; mit erkältetem Gemüth wird 
keichtes schwer vollbracht. 
Der dümmste Junge kann ein Glas Wasser färben mit einigen dunkeln Tropfen; aber 
Purübtes Wasser klar machen, gesalzenes Wasser wieder süß, eine überpfefferte Suppe genieß— 
ar, das kann kein dummer Junge, das kann mancher Gelehrte nicht; es ist Arbeit für eine 
höhere Hand. 
Mit dem Kinde gab sich jemand ab, und zwar nicht pedantisch mit Buchstabenzeigen 
bloß oder sonstiger Schulfuchserei, sondern in warmer Liebe mit schönen Geschichten und lieb— 
lichen Worten, welche einem Kinde sind, was im Frühlinge den Blumen der Thau. Es ver— 
derben gar unendlich viele Kinder am Geiste, weil ihnen der warme, weiche Thau fehlt; die 
delsten Keime vertrocknen, gehen nie auf. Es haben gar unendlich viele Kinder ihrer Groß⸗ 
mutter viel mehr zu verdanken, als den gelehrtesten Herren Professoren. 
Dem Muthlosen gilt alles nichts, dem Muthigen wenig viel.
	        
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