Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

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Noch war aber der hohe Nat wegen der Todesart nicht einig. Das 
stand fest: ein Beispiel sollte an diesem Gesellen aufgestellt werden, wie 
ein ähnliches das wühlende Geschlecht noch nicht erfahren hatte. Einige 
waren für das Hangen, aber der Verbrecher hatte dafür einen Zu kurzen 
und dicken Hals, es wäre der Strick abgeglitten. Andere wollten ihn 
enthaupten, das fand der Rat jedoch viel zu ehrenvoll für den Schelm. 
Das Verbrennen wurde zurückgewiesen, weil der Feuertod erst recht einen 
glänzenden Schein um das Haupt des Verbrechers gelegt haben würde. 
Als sie dergestalt uneinig waren, erhob sich ein weißlockiger, lang- 
bärtiger Greis und begann unter lautloser Stille der Menge so zu reden: 
„Wohlweiser Rat von Abelsberg! Hochansehnliche Versammlung! Wichtig 
ist die Stunde und folgenreich die Tat, die wir zum Wohle unserer geliebten 
Stadt zu vollbringen im Begriffe stehen. Es ist wohl überflüssig, daraus 
hinzuweisen, daß die Maulwürfe unsere Erbfeinde sind, daß es zwischen 
uns und den Maulwürfen keine Versöhnung gibt und geben kann." 
Ein ungeheurer Beifallssturm unterbrach ben Redner. Selbst der 
kleine Gefangene spitzte die Öhrlein und stellte sich dann höchst possier¬ 
lich ans seine Hinterbeine, weil er glaubte, die Leute wollten sich von 
ihm ergötzen lassen und der Beifall ginge ihn an. Der Redner fuhr 
endlich fort: „— Daß es zwischen uns keine Versöhnung gibt und geben 
kann!" worauf sich der Beifallsjubel nochmals wiederholte. 
„Werte Versammlung!" sagte der Greis mit fast mißbilligender 
Miene, „der Gegenstand ist zu ernst, als daß wir ihn mit Zurufen wie 
bei einer Komödie entweihen wollten. Es handelt sich darum, daß wir 
an diesem Tage ein Exempel aufstellen, welches geeignet ist, das elende 
Geschlecht vor Schreck stumm zu machen, wenn es nicht schon stumm 
wäre, und vor Angst schwarz zu machen, wenn es diese Farbe nicht 
schon hätte. Des Grauens voll, sollen sie sich sammeln in Rotten, die 
Gaue von Abelsberg auf Nimmerwiedersehen verlassen, und es ihren Kindern 
und Kindeskindern erzählen, was zu Abelsberg einem ihrer Genossen geschehen 
ist. Nicht hängen und nicht köpfen, nicht spießen und nicht braten wollen 
wir den Bösewicht. Den gräßlichsten Tod soll er sterben, der je gestorben 
worden ist: der Schelm soll lebendig begraben werden!" 
Rat und Volk überboten sich in Beifall. Sie führten den Käfig 
hinaus auf den freien Anger, hoben den Maulwurf behutsam hervor, 
und nach wenigen Minuten war das Urteil vollzogen. 
165. Oie Xincier ZU Hameln. Von den Brüdern Grimm. 
Deutsche Sagen. 4. Auflage, besorgt von Rein hold Steig. Berlin 1906. S. 182. 
Im Jahre 1284 ließ sich zu Hameln ein wunderlicher Mann sehen. 
Er hatte einen Rock von vielfarbigem, buntem Tuch an, weshalb 
er Bundting soll geheißen haben, und gab sich für einen Ratten-
	        
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