Gottbold Klee.
Ms
Siegfried.
Wie Siegfried zu Mime kaim
Siegmund, ein mächtiger König in Niederland, war mit vielen
Freunden und Mannen in heißer Schlacht wider feine Feinde gefallen.
Da floh Sieglinde, fein Weib, allein aus der Königsburg in den
Wald hinaus, um nicht in die Hände des Siegers zu fallen. Es
geschah aber, daß sie mitten im Walde niedersank und eines wunder¬
schönen Knaben genas. Kaum hatte sie das Kindlein geboren, so
schwanden ihr die Sinne, und sie verschied. Das Kindlein begann
aber zu weinen. Alsbald kam eine Hindin herbei, nahm es ins Maul
und trug es zu ihrem Lager, wo sie zwei Junge hatte. Dort legte
sie den Knaben nieder und ließ ihn trinken wie ihre eigenen Jungen. i0
Dies währte zwölf Monde, daß das Kindlein bei der Hindin blieb;
und als diese Zeit verstrichen war, da war es so groß und stark wie
andere Knaben mit vier Jahren.
Damals lebte ein Mann, der hieß Mime und war ein so kunst¬
reicher Schmied, daß er kaum seinesgleichen hatte und weithin ge¬
rühmt ward ob seiner Geschicklichkeit. Auch kamen viele Jünglinge
zu ihm, die ihm dienten und seine Gesellen wurden.
Mime hatte ein Weib zur Ehe genommen; aber sie bekamen keine
Kinder, worüber sie sich beide nicht wenig härmten. Nun fügte es
sich eines Tages, daß Mime. mit etlichen seiner Gesellen in den Wald 20
zog, um Kohlen zu brennen, und dort drei Tage zu bleibeit gedachte.
Und als sie dahin kamen, zündeten sie große Feuer an und machteil
sich an die Arbeit. Um die Mittagsstunde, während die Knechte
rasteten und Mime einsam beim Feuer saß, trat plötzlich ein wunder¬
schöner nackter Knabe aus dem Dickicht und lief auf ihn zu. Erstaunt
fragte Mime, wer er sei und wie er in diesen Wald komme; doch der