820 (22I (22) ßSJ ߧ! Julius von Verdy du Vernois. LQIL2ILQ CD 122122
Endlich wurde auch der Entwurf beendet, und suchte ich gegen
3 Uhr meine Lagerstätte auf.
Kaum hatten wir am andern Morgen unsere Toilette vollendet
und Kaffee getrunken, da hieß es: „Der Kaiser ist da und wartet
in einem Hause ungefähr Vs Meile von Donchery." Sogleich fuhren
die Generale von Moltke und von Podbielski mit uns hinaus. Graf
Bismarck, welcher zuerst Kenntnis davon erhalten hatte, befand sich
schon dort.
Es machte den Eindruck, als ob es dem Kaiser erwünscht ge¬
wesen wäre, nicht länger in der Mitte seiner Armee zu verweilen.
Die Katastrophe hatte bei derselben die Banden der Disziplin auf¬
gelöst; wurde die Vollziehung der Kapitulation erst bekannt, so war
von den aufgebrachten Soldaten alles zu befürchten. Deshalb war
er bereits frühzeitig bei unseren Vorposten erschienen. Wir fanden
das Gefolge des Kaisers vor einem kleinen Bauernhause, welches, an
der großen Straße liegend, nur durch einen kleinen Vorplatz, der
etwas steil zu derselben abfiel, von ihr getrennt war. General von
Moltke trat in das Haus; vergeblich versuchte der Kaiser, bessere
Bedingungen zu erwirken. Sehr bald kam General von Moltke
wieder heraus und fuhr mit der in der Nacht entworfenen Kapitu¬
lation Sr. Majestät dem Könige entgegen, welcher von Vendresse
sich wieder nach dem Punkt begeben hatte, von welchem aus er gestern
die Schlacht geleitet. Dann erschien auch der Kaiser, ließ sich aus
einem Stuhle vor dem Hause nieder, eine Zigarette nach der anderen
rauchend. Ich sah ihn zum erstenmal; er erschien mir klein, etwas
korpulent, erdfahl, das Kinn auf der Brust ruhend; dabei sah er
äußerlich ruhig, fast gleichgültig aus, nur dann und wann zeigte ein
leises Aufatmen die innere Bewegung. Eine stattliche Eskadron des
Leib-Kürassier-Regiments, welche die Bewachung übernahm, erregte
die Aufmerksamkeit der französischen Generale; sonst passierten nur
Trains während der ganzen Zeit die Landstraße.
Für die eventuelle Zusammenkunft mit dem Könige hatte Graf
Bismarck seine Wohnung in Donchery angeboten. Der Kaiser wollte
jedoch nicht gern in den Ort hinein; Generalstabsoffiziere wurden
daher ausgesandt, einen geeigneten Punkt ausfindig zu machen. Eine
Viertelstunde von uns, unweit des Dorfes Frenois und der Maas,
blickte aus den Gebüschen ein kleines Schlößchen hervor; dies erwies
sich als geeignet, und setzte sich der Zug dorthin in Bewegung. Wir
fuhren voran, dann folgten zwei Züge Leib-Kürassiere, hierauf der
Kaiser in seinem Wagen nebst seinem Gefolge, letzteres teils fahrend,
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