cmcmcmcmcmcmcm IV. Im Lichte des Christentums,
35. „Die Kindheit Jesu“ Konrads von Fussesbrunnen.
Konrad beginnt sein Gedicht mit der Heimführung Marias durch
Joseph; in kurzen Zügen erzählt er sodann von der Verkündigung
durch den Engel Gabriel, von Elisabeth und ihrer Zusammenkunft
mit Marien u. s. w., von Christi Geburt in Bethlehem. Hierauf erzählt
der Dichter von den Hirten und ihrer Anbetung des Kindes, von der
Beschneidung, von der wunderbaren Heilung Simeons, den heiligen
drei Königen aus Morgenland und der Flucht nach Ägypten, mit
welcher die zahlreichen Wunder des Christuskindes beginnen.
Auf dem Wege kamen die Flüchtlinge in eine öde, von Drachen
und andern wilden Tieren erfüllte Gegend; aber die Drachen und
Löwen spielten mit dem Kinde und taten ihm nichts zu leide, Heften
sich von Joseph nicht verscheuchen, sondern blieben, bis ihnen Jesus
zu entweichen gebot.
An einem heißen Tage kamen sie über eine große Heide, wo sie
weder Wasser noch Gras fanden; Menschen und Tiere verschmachteten,
und ein mit Obst gefüllter Baum vermehrte nur noch die Qual, weil
ihn wegen seiner Höhe niemand besteigen konnte. Da gebot das Kind
dem Baume sich zu neigen und alle konnten das herrliche Obst
brechen und sich daran erlaben, denn der Baum richtete sich nicht
eher wieder auf, als bis ihm ;,Urlaub gegeben ward11. Und das Kind
gebot wieder; da begann eine reiche Quelle aus den Wurzeln des
Baumes zu fließen, „so groß, daß sie wohl triebe ein Rad. Nun
blieben sie an derselben Statt die Nacht bis an den Morgen.“ Als sie
aber abzogen, befahl das Kind einem Engel, einen Zweig des Baumes
zu brechen und ihn im Paradies zu pflanzen, daß er dort Wonne
gebe, wie er an diesem Tage ihn und die Seinigen gelabt hatte.
Der Weg führte sie hierauf über eine Heide, in der zwei Räuber
mit ihren Gesellen hausten, welche zur Verhütung aller Streitigkeiten
unter sich übereingekommen waren, daß die Beute eines Tages, sie
mochte groß oder klein sein, immer nur einem von ihnen gehören
sollte. Als sie Joseph mit Maria und dem Kinde erblickten, glaubte
der, dem die Beute des Tages zukam, es seien reiche Kaufleute und
freute sich über den Gewinn, welcher ihn, wie er hoffte, in den Stand
setzen sollte, von nun an ehrlich zu leben. Sobald die Reisenden näher
kamen und man sah, daß es arme Leute seien, huben die andern
Räuber an jenen zu verhöhnen, so daß er zornig wurde und seinen
Grimm an den Reisenden auszulassen gedachte. Aber wie diese ganz
herbeigekommen waren, verwandelte Gott den Sinn des Räubers, daß
er sie freundlich bewillkommnete, sie in seine Wohnung geleitete und
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