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Fünf Paare
Sie deuten dieser Erde wirres Treiben,
Halbgötter, wollen sie noch Menschen bleiben,
Mozart wie Goethe! Jede warme Brust,
Die menschlich fühlt, erfüllen sie mit Lust.
Wer mag die beiden Sänger je besiegen,
Der Menschheit Gipfel haben sie erstiegen!
Seht, aus dem unerschöpflich reichen Schoß
Ringt sich ein fünftes Paar in Schmerzen los;
Ein fünftes Paar entspringt dem Schoß der Erde,
Damit sein Lied himmlische Freude werde.
Auf unbetret'ner, neugebroch'ner Bahn
Weiß es dem Göttlichen im Geist zu nah'n,
Schmäht den Genuß, die Frucht zusamt der Schale,
Sucht statt der Wirklichkeit das Ideale.
Der eine stürmt titanenhaft empor,
Sein Taktstock pocht ans goldne Wolkentor,
Und ganze Ströme nie gehörter Lieder
Ergießen sich auf bange Hörer nieder.
Wie Katarakte brausend schwillt die Flut,
Die er beschwört mit ungebeugtem Mut,
Und über solchem Brausen, Donnern, Wogen
Wölbt sich begütigend der Farbenbogen,
Des Friedens Bild auf sturmbewegter See,
Vermittler zwischen Körper und Idee.
Beethoven ist's! Die Zweifel müssen weichen,
Er ist, er selbst, mit keinem zu vergleichen.
Und unvergleichbar (unverständlich auch
Für Laien) stirbt sein letzter Lebenshauch.
Doch Schiller, der wie jener wild in Stürmen
Begonnen, drohende Wetter aufzutürmen,
Hat dann so eigen seine Kraft bewährt,
uo Daß er im eig'nen Feuer sich verklärt.
Von Jahr zu Jahr dem Ird'schen mehr entsagend,
Weit über andern Staubgebornen ragend,
Trug er, ein Atlas, nun das Himmelszelt
Der überirdischen Gedankenwelt.
„Tief unter ihm, im wesenlosen Scheine,
Cag, was uns alle bändigt, das Gemeine“;
Er hinterließ ein ewig Testament,
Das ohne Ehrfurcht nie der Deutsche nennt.
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