Full text: Für die Oberstufe der Seminare und zur Weiterbildung für Lehrer (Band 4, [Schülerband])

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Lindau. Da stoßen wir freilich auf einen harten Punkt. Ihr Vater hat nicht milder 
denken lernen. 
A r n o l f. Er sollte unversöhnlich sein? 
Lindau. Sie kennen ihn. Ein Ehrenmann im vollsten Sinne des Wortes, von uner- 
s schütterlicher Rechtlichkeit. Kein Makel haftet an seinem Rufe. Aber in seinen Grundsätzen 
von Recht und Pflicht ist er starr und unbeugsam. Und daß Sie, sein Sohn, gegen diese Grund¬ 
sätze verstoßen konnten, hat ihn am schwersten getroffen. Das kann er nicht verwinden. Er 
duldet nicht, daß man ihn daran erinnert; ich habe es mehrmals versucht. 
A r n o l f. O meine Träume! Ich dachte zurückzukehren, fortan im Vaterlande zu 
i» leben!- 
Lindau. Haben Sie nie an ihn geschrieben? 
A r n o l f. Solange ich arm war, niemals. Jetzt kann ich kommen, da ich seiner 
Unterstützung nicht mehr bedarf. 
Lindau.,. Das ist brav. Haben Sie Ihre Meinungen geändert? 
15 Arnolf. Herr Oberst, ich bin ein Mann! Meine Grundsätze sind noch die nämlichen 
wie damals, aber ich denke milder; ich meine, daß es noch andere Wege gibt, wenn auch 
langsamere, diese Grundsätze durchzuführen, als die nackte Gewalt. 
Lindau. Recht, das ist recht, aber — 
Arnolf. Aber? — 
so Lindau. Wenn Sie bereuend wiederkehrten — 
Arnolf. Das kann ich nicht; ich kann nicht bereuen, waS ich aus voller Überzeugung 
getan habe. 
Lindau. Ich ehre das, aber es wird einen harten Kampf kosten mit dem alten Herrn. 
Arnolf. Sie müssen mir helfen. 
r5 Lindau. Das will ich, das werde ich. 
Arnolf. Nun, so kann ich meiner Frau doch eine Hoffnung mit nach Hause bringen. 
Lindau lschr lebhaft). Was? Sie haben eine Frau? 
Arnolf. Ich bin hier mit Weib und Kind, um ihnen die Heimat des Vaters zu zeigen. 
Lindau lfinnend). Mit Weib und Kind-das ist etwas anderes-lassen 
so Sie mich einmal-ja, ja, es geht-es muß gehen. 
Arnolf. Was? 
Lindau. Sind die Ihrigen weit von hier? 
Arnolf. Wir sind nebenan abgestiegen, im Schwedischen Hofe. 
Lindau. Können sie so spät noch ausgehen? 
sG Arnolf. Nach unserer englischen Sitte ist es nicht so spät. 
Lindau. So holen Sie sie alle her, Frau und Kinder. 
Arnolf. Wie? Noch diesen Abend? 
Lindau. Just diesen Abend. Eilen Sie, es geht auf zwölf, vor Mitternacht müßt 
ihr hier sein. Frau Waldner, öffnen Sie das Nebenzimmer. 
-to Frau Waldner. Sehr wohl, Herr Oberst! 
Lindau. Dort führen Sie alle hinein, ich werde sie rufen, wann es Zeit ist. 
Arnolf. Ich weiß nicht, was Sie beabsichtigen; aber ich fühle, Sie meinen es gut 
mit mir. Ich werde tun, was Sie sagen. 
Lindau. Gut, gut, aber eilen Sie. 
»5 Arnolf. Komm, Mutier Waldner. M.) 
Frau Waldner. Gott gebe seinen Segen. (Ab.) 
Lindau lauem). Weib und Kind, Weib und Kind, das hilft vielleicht! Alter Freund 
Präsident, es ist ein harter Bursche, dein Starrsinn, versuchen wir ihm beizukommen! Wenn 
er den stattlichen Mann sieht, zu dem sein Sohn herangewachsen — hm hm, er stand da¬ 
bo mals gegen uns in Waffen — darum kann er doch ein braver Kerl sein. Im Parteienkampf 
meint jeder recht zu haben. Man muß seine Gegner nicht des bösen Willens, des absicht¬ 
lichen Unrechts zeihen. — Da kommt der Alte.
	        
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