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von allen anderen Vögeln. Die Taube brütet während eines Jahres wohl drei— 
bis sechsmal und jedesmal ein Paar aus. Das Fleisch der Jungen ist sehr 
wohlschmeckend und leicht verdaulich, weshalb es Kranken verordnet wird. 
2. Sinnesart. Schon seit alten Zeiten gilt die Taube als Bote des 
Friedens. (Sündflut.) Gern sitzt sie mit ihresgleichen gesellig auf dem Dache 
und läßt hier ihr tiefes Glucksen und Girren hören. Oft auch sehen wir, wie sich 
die Tauben ihre Liebe untereinander durch Schnäbeln und Kosen bezeugen. Aber 
zeitweise hört diese Freundschaft doch auf, namentlich wenn es sich um das Futter 
handelt. Auch gegen ihre Brut ist die Taube oft recht herzlos. Die Jungen 
sind Nesthocker. (S. 40.) Sie kommen nackt aus dem Ei, bleiben mehrere 
Wochen im Neste und bedürfen sorgfältiger Pflege. Berührt man das Nest, 
während die Taube Junge hat, so fliegt sie davon und läßt die Jungen hilflos 
liegen. — Reinlichkeit liebt die Taube sehr; deshalb hat sie es gern, wenn der 
Taubenschlag recht oft mit frischem Sande bestreut wird. Auch müssen die Nester 
nach jeder Brut gereinigt werden. 
3. Die Brieftaube zeichnet sich durch besonders kräftige Flügelmuskeln und 
einen sehr hohen Flug aus Um sie zum Brieftragen abzurichten, bringt man die 
jungen Tauben, immer dieselbe Richtung einschlagend, in Körben zuerst in 
geringerer, allmählich aber in größerer Entfernung an einen fremden Ort und 
läßt sie von dort aus fliegen. Sie finden ihre Heimat immer wieder, selbst aus 
Entfernungen von 6—800 km und nach jahrelanger Abwesenheit. In neuerer 
Zeit hat man Brieftauben auch zum Hin- und Rückfluge abgerichtet. Eine 
solche Taubenpost legt in der Regel 50—-60 km in einer Stunde zurück Vor⸗ 
zügliche Flieger haben es aber schon auf das Doppelte und Dreifache dieser 
Schnelligkeit gebracht. — Schon in alter Zeit waren die Brieftauben bekannt. Durch 
die Belagerung von Paris 1870 aber haben sie eine erhöhte Bedeutung bekommen. 
Man brachte damals vermittels Ballons 354 Brieftauben aus der französischen 
Hauptstadt fort, von denen jedoch nur 100 zurückkehrten. Sie beförderten 
21/2 Millionen Depeschen, deren Schrift durch Photographie um so viel verkleinert 
war, daß ein einziges Blättchen von 40 qmm 250 Depeschen enthielt und von 
mehr als 1000 Personen Nachricht brachte. Das Blättchen wird in einer Federspule 
eingeschlossen, die man dann an einer Schwanzfeder befestigt. Seitdem hat man in 
Berlin und in allen wichtigen deutschen Festungen Brieftaubenstationen eingerichtet. 
113. Der Seiclenlpinner. 
1. Züchtung. Die Heimat der Seidenraupe ist China. Die Ausführung 
war hier streng verboten. Im Jahre 536 aber brachten, wie die Sage erzählt, 
2 Mönche Eier von Seidenraupen in ihren hohlen Stäben heimlich nach Kon— 
stantinopel. Von dort aus verbreitete sich der Seidenbau nach Italien, Spanien, 
Frankreich und Deutschland. Bei uns kann die Seidenraupe nur im Zimmer ge— 
züchtet werden, da es ihr im Freien zu kalt ist Im Juli legt das Weibchen 
bis 600 Eier, die die Größe eines Stecknadelkopfes haben. Gleich darauf stirbt 
es, ohne Nahrung zu sich genommen zu haben. Auch das Männchen nimmt keine 
Nahrung zu sich. (Rüssel bei beiden verkümmert.) Die Eier werden während 
des Winters in trockenen, luftigen Kellern aufbewahrt, damit die Raupen nicht 
vor der Zeit auskommen. Im Frühlinge aber, sobald das Laub des Maulbeer—
	        
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