n—n—2 29. Der Kampf des Winters mit dem Frühling Âν
Die trotzigen Stirnen
Von Schroffen und Jochen
Und starrender Wand
Felsen gebrochen
Ins blühende Land.
Lawinen verschütten
Der Menschlein Hütten
Und was sie drin haben.
Wer drunter begraben,
Getilgt aus dem Licht —
Mich kümmert's nicht.
Wunschwind mein Name,
Wille mein Wesen,
Macht und Genesen,
Segen und Same.
Ich wirke auf Erden
Die zeugende Kraft,
Gebären und Werden
Und nährenden Saft.
Ich bringe Gedeihen,
Mit Würzen und Weihen
Die Wege zu bahnen
Dem Träumen und Ahnen
Und rufe im Lauf:
Frühling, wach' auf!“
So singt der Sturm; es hören
. Die Wesen den zaub'rischen Ruf
Wie geisterhaft Beschwören,
Das neues Leben schuf.
„Wer hat an den Heerschild ge—
schlagen?
Wer hat uns geweckt in der Nacht?
*. Wer will den Waffengang wagen
Mit des Tyrannen Macht?
Ist nahe die Siegesfeier
Dem unterdrückten Geschlecht?
Um deine Stirn, Befreier,
leo. Ein waldesgrün Geflecht!
Du brichst mit kühnem Beginnen
Von außen herein dir Bahn,
Wir schlagen uns durch von innen,
Bis wir beieinander stahn.“
106. So regen sich Aufruhrsgedanken,
Hoffnung und Freiheitsgelüst,
Daher auch das Winken und
Wanken
Im beweglichen Waldesgerüst.
Da geht es ans Sprengen der
Bande,
no. Da bricht manch' geschmiedeter
Ring,
Und jauchzend erhebt sich im Lande,
Wer seufzend voll Ketten hing.
In hohen und niederen Schichten
Steigt's gährend durch Splint und
Bast,
us. Auf die Streue werfen die Fichten
Des Schneedrucks beugende Last.
Was Nadeln trägt am Leibe,
Das rüttelt und schüttelt sie flugs,
Blaugrüner Wachholder und Eibe
120. Und der Kiefer schirmender Wuchs.
An gefurchten Borken in Rieseln
Sickert's wie triefender Schweiß,
Hängt naß an allen Zwieseln
Und tropft von jeglichem Reis;
i26. Und wie unter Büschen und Lohden
Der Schnee auf dem Laube zergeht,
In jedem Blatte am Boden
Ein blinkendes Wässerlein steht.
So ist in Tagen und Stunden
180 Geschlagen des Winters Macht,
Verronnen und verschwunden
All seine fürstliche Pracht.
Sein glitzernder Stirnreif nicket
Herab vom alternden Haupt,
iss. Eiszacken, sein Zepter geknicket,
Seine silberne Rüstung geraubt,
Zerbrochen sein Ingesiegel,
Das er aufs Leben gelegt,
Und sein kristallener Spiegel
140. Vom Teiche hinweggefegt,
A. Bock, Lesebuch 1.
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