Full text: Für die Präparandenanstalt (Teil 1, [Schülerband])

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Prosa. B. Märchen. 
er auf die Schulter uud wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, 
auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen; darunter setzte er sich 
ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. „Ich habe kein Geld," 
dachte er, „ich Habenichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt, weil Friede 
geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus, ich muß hungern." 
Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein un¬ 
bekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, 
aber einen garstigen Pferdefuß hatte. „Ich weiß schon, was dir fehlt," sagte 
der Mann, „Geld und Gut sollst du haben, soviel du mit aller Gewalt durch- 
briugen kannst, aber ich muß zuvor wissen, ob du dich nicht fürchtest, damit 
ich mein Geld nicht umsonst ausgebe." — „Ein Soldat und Furcht, wie paßt 
das zusammen?" antwortete er, „du kannst mich auf die Probe stellen." — 
„Wohlan," antwortete der Mann, „schau hinter dich." Der Soldat kehrte 
sich um und sah einen großen Bären, der brummend auf ihn zutrabte. „Oho," 
rief der Soldat, „dich will ich an der Nase kitzeln, daß dir die Lust zum Brummen 
vergehen soll", legte an und schoß den Bären auf die Schnauze, daß er zusammen¬ 
fiel und sich nicht mehr regte. „Ich sehe wohl," sagte der Fremde, „daß dir's 
an Mut nicht fehlt; aber es ist noch eine Bedingung dabei, die mußt du er¬ 
füllen." — „Wenn mir's an meiner Seligkeit nicht schadet," antwortete der 
Soldat, der wohl merkte, wen er vor sich hatte, „sonst lass' ich mich auf nichts 
ein." — „Das wirst du selber sehen," antwortete der Grünrock, „du darfst 
in den nächsten sieben Jahren dich nicht waschen, dir Bart und Haare nicht 
kämmen, die Nägel nicht schneiden und kein Vaterunser beten. Dann will 
ich dir einen Rock und Mantel geben, den mußt du in dieser Zeit tragen. 
Stirbst du in diesen sieben Jahren, so bist du mein, bleibst du aber leben, so 
bist du frei unb bist reich dazu für dein Lebtag." Der Soldat dachte an die 
große Not, in der er sich befand, und da er so oft in den Tod gegangen war, 
wollte er es auch jetzt wagen und willigte ein. Der Teufel zog bett grünen 
Rock aus, reichte ihn dem Soldaten hin und sagte: „Wenn du den Rock an 
deinem Leibe hast und in die Tasche greifst, so wirst du die Hand immer 
voll Geld haben." Dann zog er dem Bären die Haut ab und sagte: „Das soll 
dein Mantel sein und auch dein Bett, denn darauf mußt du schlafen und 
darfst in kein anderes Bett kommen. Und dieser Tracht wegen sollst du 
Bärenhäuter heißen." Hierauf verschwand der Teufel. 
Der Soldat zog den Rock an, griff gleich in die Tasche und fand, daß die 
Sache ihre Richtigkeit hatte. Dann hing er die Bärenhaut um, ging in die 
Welt, war guter Dinge und unterließ nichts, was ihm wohl uttb dem Gelde 
wehe tat. Im ersten Jahr ging es noch leidlich, aber in dem zweiten sah 
er schon aus wie ein Ungeheuer. Das Haar bedeckte ihnl fast das ganze Ge¬ 
sicht, sen: Bart glich einem Stück groben Filztuchs, seine Finger Hattert Krallen, 
und sein Gesicht war so mit Schmutz bedeckt, daß, wenn man Kresse hinein- 
gesüt hätte, sie aufgegangen wäre. Wer ihtt sah, lief fort; weil er aber aller- 
ortett den Armen Geld gab, damit sie für ihtt beteten, daß er in den sieben
	        
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