Full text: Deutsches Lesebuch für Lehrer- und Lehrerinnen-Seminare

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Fardon, Kamerad!“ — „Ei,“ sagte der Schwabe, „dich hätte der Henker zu 
meinem Kameraden gemacht. Ich habe Hunger“ — und stach immer zu. Jetzt 
rettete sich der Vogel auf die oberste Stange und schrie, so laut er konnte: 
Respekt, ich bin der General!“ — Da fuhr der Schwabe zusammen, stellte 
sich in Positur, präsentierte das Gewehr und sagte: „Haltens zu Gnaden, Ihr' 
Erzellenz; ich wußt' nicht, daß Ihr' Exzellen; ein Vogel waren.“ — Und 
damit machte er ünks um, marsdierte Wind suchte anderswo etwas gegen 
seinen Hunger. 
90. Der Hofschulze. 
Karl Leberecht Immermann. 
In Hofe zwischen den Scheuern und Wirtschaftsgebäuden stand mit auf— 
gekrempten Hemdaͤrmeln der alte Hofschulze und schaute achtsam in ein Feuer, 
welches, zwischen Sleinen und Kloben am Boden entzündet, lustig flackerte. Er 
rückte einen kleinen Amboß, der daneben stand zurecht, legte sich Hammer und 
Zange zum Griffe bereit, prüfte die Spitzen einiger großen Raͤdnägel, die er 
aus dem Bruststücke des vorgebundenen Schurzfelles zog, legte die Nägel auf 
das Bodenbreu des Leiterwagens, dessen Rad er ausbessern wollte, und drehte 
die Stelle des Rades, von welcher ein Stück Schiene abgebrochen war, achtsam nach 
oben, worauf er durch untergeschobene Steine das Rad in seiner Stellung festigte. 
Nachdem er wieder ein paar Augenblicke in das Feuer gesehen hatte, ohne 
daß seine hellen und scharfen Augen davon zu blinzeln begannen, fuhr er rasch 
mit der Zaͤnge hinein, hob das rotglühende Stück Eisen heraus, legte es auf 
den Amboß, schwang den Hammer darüber, daß die Funken sprühten, schlug 
das noch immer glutrötliche um das Rad, da wo die Schiene fehlte, schlug und 
shweißt⸗ es mit zwei gewaltigen Schlägen fest und trieb dann die Rägel, welche 
es in seiner leichten Dehnbarkei noch immer leicht hindurchließ, an ihre Plätze. 
Einige der stärksten und heftigsten Schläge gaben dem eingefügten Stücke 
dus letzte Geschick. Der Schulze stieß mit dem Fuße die vor dad Rad gelegten 
Steine hinweg, faßte den Wagen bei der Stange, um das geflickte Rad zu 
prüfen, umd zog ihn ungeachtet seiner Schwere ohne Anstrengung quer über den 
Hof, so daß die Hühner, Gänse und Enten, welche sich ruhig gesonnt hatten, 
großem Geschrei vor dem rasselnden Wagen emflohen; und ein' paat 
chweine aus ihrem eingewühlten Lager grunzend auffuhren. 
R Zwei Maͤnner, von denen der eine ein Pferdehändler, der andere ein 
e e oder Receptor war, hatten, unter der großen Linde am Tische vor dem 
ehrnhause sitzend und ihren Trunk verzehrend, der Arbeit des alten, rüstigen 
u zugesehen. — „Das muß wahr sein,“ rief jetzt der eine, der Pferde— 
andler, „Ihr hättet einen tüchtigen Schmied abgegeben, Hofschulze!“ 
klei Der Hofschulze wusch in einem Stalleimer voll Wasser, welcher neben dem 
n Amboße stand, si Hände und Gesicht goß dann bas Feuer aus und 
„Ein Narr, der dem Schmied giebt, was er selbst verdienen kann.“ Er 
n den Amboß, als sei er eine Feder, auf und trug ihn nebst Hammer und 
da unter Linen kleinen Schuppen zwischen Wohnhaus und Scheuer, in welchem 
ank. Säge, Stemmeisen und was sonst zu Zimmer- und Schreinergewerk 
rt bei Holz und vreuern mancher Art stand, lag oder hing. 
ber nden der Alte sich unter dem Schuppen noch zu schaffen machte, sagte 
soseerd händler zu dem Receptor: „Wollen Sie glauben, daß der auch alle 
Hand si Thüren und Schwellen, die Kisten und Kasten im Hause mit eigener 
vu n oder, wenn das Glück gut ist, auch neu zuschneidet? Ich meine, 
rihn rwollte, könnle er auch einen Kunstschreiner vorstellen und wuͤrde einen 
gen Schrauk zuwege bringen 
—
	        
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