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und abgethan. Der Bund hielt strenge Polizei unter seinen Gliedern. Hatte
eine Stadt ihre Pflicht nicht erfüllt oder sonst sich eines Frevels schuldig gemacht,
so wurde sie verhanfet, d. h. aus dem Bunde gestoßen und gerichtet, für eine
Feindin aller anderen erklärt. Eine solche Strafe war immer von furchtbaren
Folgen, denn der geächteten Stadt wurden ihre Schiffe weggenommen und ihr
Handel zerstört.
Dreihundert Jahre lang war die Hansa mächtig und lange Zeit die Haupt⸗
macht des Nordens. Nachher haben sich die niederlaͤndischen Slädte des Handels
und der Seemacht bemächtigt, und dann herrschte England in allen Meeren.
119. Das Ritterwesen.
Ernst Alexander Schmidt.
Bereits in den deutschen Heeren der Völkerwanderung galt der Kriegsdienst
zu Pferde für ehrenvoller, und nur diejenigen, welche zu unbegütert waren, um
sich ein Streitroß anzuschaffen, kämpften zu Fuß. Als das Lehnswesen mehr
und mehr herrschend wurde, waren es die Lehnsbesitzer, welche den Kriegsdienst
zu Pferde leisteten, und das Ansehen dieser Art des Dienstes mußte in demselben
Maße steigen, als diejenigen, welchen er eigen war, sich über Unfreie und Freie
erhoben. Diesen gegenüber bildeten die beriltenen Krieger bald eine gewisse, durch
Gleichartigkeit des Dienstes und gemeinsames Selbstgefüͤhl verbundene Gesamtheit;
allein ein in sich abgeschlossener Ritterstand entstand erst dadurch, daß die Wehrhaft⸗
machung, der Ritterschlag, mit besonderen Feierlichkeiten und Gelübden, zu welchem
zum Teil Beispiel und anderer Einfluß der Geistlichkeit anregten, verbunden wurde,
daß die Kriegsspiele in den Turnieren eine bestimmtere Form erhielten, und daß
bei den Kreuzzuügen diejenigen, welche den Kriegsdienst zu Pferde thaten, sich,
auch wenn sie verschiedenen Nationen angehörten, einander näher traten als den
eigenen Landesgenossen, welche zu Fuß in den Krieg gezogen waren, und daß
sie auch der Gesamtheit dieser als ein besonderer Stand, gleichsam als ein
abendländischer Ritterstand, gegenübertraten. Die bei dem Ritterschlage statt⸗
findenden Feierlichkeiten waren nicht überall und zu allen Zeiten dieselben; worin
sie in Frankreich im zwölften Jahrhundert bestanden und wie sie gedeutet wurden,
lehrt ein französisches Gedicht ans dem dreizehnten. Derjenige, welcher in den
Ritterstand, in den nur Christen der Eintritt gestattet war, aufgenommen werden
sollte, wurde, nachdem ihm Bart und Haupthaar geordnet war, in ein Bad ge⸗
bracht. Aus diesem sollte er, so wie ein Kind rein von Sünden aus der Taufe
hervorgeht, ohne allen Makel heraussteigen; er sollte reich sein an ritterlicher
Sitte, sich baden in Ehrbarkeit, Rittersitte und Güte und sich eines jeden Liebe
erwerben. Das schöne Bett, in welches er dann gelegt wurde, sollte ihn daran
erinnern, daß er sich durch Ritterlichkeit eine Staͤtte in dem Paradiese bereite,
welches Gott seinen Freunden gewähre. Das weiß e Gewand, welches ihm an—
gethaͤn wurde, ermahnte ihn, sich von jetzt an, wenn er zu Gott gelangen wolle,
rein zu halten; das rote Gewand, sein Blut im Dienste Gottes und zur Ver⸗
teidigung der heiligen Kirche zu vergießen. Die dunkle Farbe der Schuhe sollte
ihn, damit er nicht stolz werde, an den Tod erinnern und daran, daß er einst
in die Erde hinabgehen werde; die weiße Farbe des ihm angelegten Gürtels
daran, daß er Leib und Herz rein bewahre und Schwelgerei verachte und tadle.
Die Sporen bedeuteten, daß, so wie er wolle, daß sein Pferd durch die⸗
selben angetrieben, gut laufe, er auch stets eifrig sei, Gott sein ganzes Leben
hindurch zu dienen. Das zweischneidige Schwert, mit welchem er dann umgürtet
wurde, sollte ihm dazu dienen, sich gegen feindlichen Angriff zu sichern und die
Armen gegen die Bedrückungen des Reichen, den Schwachen gegen die Miß⸗