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ihm übel beraten; denn täglich richtete er ihr aus Fürwitz und Müßiggang allerlei
Üünheil an. Also setzte sie ihm bald mit guten, bald mit harten Worten zu, er
sollle ein Handwerk lernen, damit er sich ehrlich ernähren möchte und ihr nicht
länger zur Last siele.
Nuͤn geschah es, daß andere Burschen aus dem Flecken auf die Wanderschaft
gingen, weil ihre Lehrzeit aus war. Da ermahnte ihn seine Mutter aber und
aäber, daß er auch in die Fremde ginge, damit er die Welt erführe und etwas
Nützliches lernte. Eulenspiegel war dazu bereit, schnürte kürzlich sein Bündel
und trat, mit einem guten Mundvorrat in der Tasche, seine Reise an. Als dieser
verzehrt war und ihn zu hungern anfing, kamen ihm seiner Mutter Fleischtöpfe
in den Sinn, und er besann sich nicht lange, sondern kehrte bei einbrechender
Nacht wieder heim. Da schlich er sich heimlich durch den Hof und verkroch sich
in den Huͤhnerstall; daselbst hielt er fich ruhig bis an den Morgen. Da er nun
erwachte, sah er einen Fuchs aus dem Hühnerstall schleichen, der einen jungen
Hahnen im Maule trug. Da erzürnte sich Eulenspiegel heftig, streckte die Faust
drohend aus dem Hühnerstall und rief: „Warte, du Erzdieb ich sollte jetzt nicht
in ber Fremde sein, wie wollt' ich dich!“ Das vernahm Eulenspiegels Mutter
und verwunderte sich sehr seiner ersten Herberge.
bh. Die Fockbeker.
Ferdinand Bäßler.
Ein Fockbeker hatte einmal in Rendsburg sich für ein paar Schillinge gesalzene
Heringe gekauft und seine Nachbarn darauf zu Gast geladen. Sie fanden das
oͤssen vortrefflich und wünschten viele solcher Fische zu haben. Der Klügste unter
ihnen gab endlich den Rat, einen ganzen Korb voll aus der Stadt zu holen und
sie in den Teich des Dorfes zu setzen; da würden sie sich vermehren und sie alle
bann davon reichlich haben. Gesagt, gethan. Ging nun während des Jahres
ein Fockbeker am Teiche vorbei, und es regte sich etwas im Wasser, lief er zu
den andern und erzählte es ihnen, und alle waren des künftigen Gewinnes froh.
Im naͤchsten Herbste ward ein großes Netz angeschafft. Aber der Klügste fand
es am geratensten, den ganzen Teich ablaufen zu lassen. Alle standen herum
und guckten nach den Heringen; aber auch nicht ein einziger war zu sehen, als
alles Wasser schon fort war. Nur ein ziemlicher Aal wälzte sich im Schlamm.
Er wurde erhascht, und darüber waren alle einig, daß er nur ihnen die Heringe
gefressen hätte; dafür müsse er nun gehörig bestraft werden. „Laet uns em
dchlachten unn upäten,“ sagte einer. „Dat weer em jüs (ust) recht,“ meinte
ein anderer, und weil er sich einmal gebrannt hatte, schlug er vor, den Aal ins
Feuer zu werfen. „Brennen is slimm,“ sagte ein dritier, der einmal ins Wasser
gefallen war und bald ertrunken wäre; „laet uns em in de Au smyten und
m versupen, dat is myn Meenung.“ Alle stimmten ihm bei, daß Ertrinken
der schrecklichste Tod sein müsse, und man ward einig, den Aal in die Aue zu
werfen. Der Bauernvogt nahm ihn in einen Korb, ging voran, und alle folgten
ihm; und wie er ihn nun ins Wasser warf und der Aal sich krümmte und fröhlich
rechis und links machte, rief jener aus, der den Rat gegeben hatte. „Seet, wat
ho ik sunitele Da Fingen alle Fockbeker ganz glücklich über die ausgeführte
Rache nach Hause.
61. Der Schildbürger erste Uarrenprobe.
Ferdinand Bäßler.
Offenbar waren die Schildbürger, deren ursprüngliche Weisheit nur allmählich,
wie ein Licht, ausgehen sollie, damals, als sie ein Rathaus bauen wollten, noch