Full text: Von Wulfila bis zur Sturm- und Drangzeit (1, [Schülerband])

Q Q <D. C? C? C? C2 I Von den Lebensaltern einer Sprache SQQQ 455 
und aufrichtig hochschätze und liebe, auch mit jedem Jahre des 
Lebens lieber gewinne. ... 30 
Tragen Sie doch auch dazu bei, daß Lessings Nachlässe gerettet 
werden und in gute Hände kommen. Sie könnend durch sich und 
Ihre Freunde vorzüglich. Der brave Freund und Ringer für helle 
Wahrheit! 
Leben Sie wohl, liebster Mendelssohn, und sparen Sie sich, 
soviel an Ihnen ist, unsrer Erde. Da Lessing hin ist, hat Deutsch¬ 
land Sie, wenn Sie auch nur stillwirkender Zeuge sind, vor so 
vielen andern nötig. Ihr herzlich ergebener 
Herder. 
Noch am Ende vorigen Monats hat mir Lessing geschrieben. 
Fragmente zur Deutschen Literatur. 
1767. 
Von den Lebensaltern einer Sprache. 
So wie der Mensch auf verschiedenen Stufen des Alters er¬ 
scheint, so verändert die Zeit alles. So ist's auch mit der Sprache. 
Eine Sprache in ihrer Kindheit bricht wie ein Kind einsilbichte, 
rauhe und hohe Töne hervor. Eine Nation in ihrem ersten wilden 
Ursprünge starrt wie ein Kind alle Gegenstände an; Schrecken, 
Furcht und alsdann Bewunderung sind die Empfindungen, derer 
beide allein fähig sind, und die Sprache dieser Empfindungen sind 
Töne — und Gebärden. Zu den Tönen sind ihre Werkzeuge noch 
ungebraucht; folglich sind jene hoch und mächtig an Akzenten. 
Töne und Gebärden sind Zeichen voir Leidenschaften und Empfin- 10 
düngen; folglich sind sie heftig und stark; ihre Sprache spricht für 
Auge und Ohr, für Sinne und Leidenschaften; sie sind größerer 
Leidenschaften fähig, weil ihre Lebensart voll Gefahr und Tod und 
Wildheit ist; sie verstehen also auch die Sprache des Affekts mehr 
als wir, die wir dies Zeitalter nur aus späteren Berichten und 
Schlüssen kennen; denn so wenig wir aus unsrer ersten Kindheit 
Nachricht durch Erinnerung haben, so wenig sind Nachrichten aus 
dieser Zeit der Sprache möglich, da man noch nicht sprach, sondern 
tönte; da man noch wenig dachte, aber desto mehr fühlte und also 
nichts weniger als schrieb. ... 20 
Das Kind erhob sich zum Jünglinge; die Wildheit senkte sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.