auf eine Art großer Palmblätter zu schreiben sei, welches mich höchlich erfreute,
weil ich nunmehr ordentliche Gebete concipiren und aufschreiben konnte; zuletzt,
als ich mit herzlicher Reu meinen ganzen geführten Lebenslauf betrachtete und
meine Bubenstücke, die ich von Jugend auf begangen, mir selbst vor Augen
stellte und zu Gemüth führte, daß gleichwohl der barmherzige Gott unangesehen
aller solcher groben Sünden mich bisher nicht allein vor der ewigen Verdammniß
bewahrt, sondern Zeit und Gelegenheit gegeben hat, mich zu bessern, zu bekehren,
ihn um Verzeihung zu bitten und um seine Guttaten zu danken: beschrieb ich
alles, was mir noch eingefallen, in dieses Buch, so ich von obgemeldten Blättern
gemacht, und legte es samt obgedachten meines Cameraden hinterlassenen Dueaten
an diesen Ort, damit, wenn vielleicht über kurz oder lang Leute hierherkommen
sollten, sie solches finden und daraus abnehmen konnten, wer etwa hiebevor diese
Insul bewohnet. Wird nun heute oder morgen entweder vor oder nach meinem
Tode jemand dies finden und lesen, denselben bitte ich, dafern er etwa Wörter
darin antrifft, die einem, der sich gern besserte, nicht zu reden, geschweige zu
schreiben wohl anstehen, er wolle sich darum nicht ärgern, sondern gedenken, daß
die Erzählung leichter Händel und Geschichten auch bequeme Worte erfordern,
solche an den Tag zu geben; und gleichwie die Mauerraute von keinem Regen
leichtlich naß wird, also kann auch ein rechtschaffenes, gottseliges Gemüth nicht
sogleich von einem jedweden Diseurs, er scheine so leichtfertig als er wolle, an¬
gesteckt, vergiftet und verderbt werden. Ein ehrlichgesinnter christlicher Leser
wird sich vielmehr verwundern und die göttliche Barmherzigkeit preisen, wenn er
findet, daß ein so schlimmer Gesell, wie ich gewesen, dennoch die Gnade von
Gott gehabt, der Welt zu resignieren und in einem solchen Stande zu leben,
darinnen er zur ewigen Glori zu kommen und die selige Ewigkeit nächst dem
heiligen Leiden des Erlösers zu erlangen verhofft durch ein seliges Ende.
9. Abraham a Santa Clara.
2u0 „3ui)as der Ertz-Schelm" (1688).
Was der verlorne Sohn vor ein Landsmann gewest, ist eigentlich nit be¬
kannt, ich glaube aber ein Irländer, wie er geheißen hat, ist nit bewußt, ich
glaube aber Malefaeius, von was vor einem Ort er sich geschrieben hab, all¬
weil er ein Edelmann, hat man noch nit erfahren, ich glaub aber wohl von
Mädssperg und Frauhofen, re., was er im Wappen geführt, hat es niemand
beschrieben, ich glaube aber wohl ein Sau-Magen in grünem Feld. Dieser Gesell
reiste mit wohlgespicktem Beutel in die Länder und Provinzen, aber aus den¬
selben ist er nit frömmer, sondern schlimmer kommen, und werden noch gar oft
manchem adelichen Jüngling die Länder in Elender verwandlet, auch reiset nicht
selten ein guter Germanus aus, und kommt ein schlechter Hermanns nach Haus.
Was Ehr und Ruhm ist es dann dem ansehlichen Fluß Donau, daß er in die
Länder reist, durch Schwaben, Bayern, Oesterreich, Ungarn, endlich aber in die
Sau stießt; der fromme Jacob hat aus seiner Reis ein Leiter gen Himmel
gesehen, aber leider viel aus unserem Adel finden auf ihrer Reis ein Leiter in
die Hüll. Wann der Zeit niemand gereist ist, so halt man ihn für einen Stuben¬
hocker, der sein Lager hinter dem Ofen aufgeschlagen, aber sagt mir liebe Halb-
Teutsche, dann ganze seid ihr schon lang nit mehr gewest, ist es nit wahr? Ihr
schicket euere Söhn aus, damit sie in frembden Ländern mit großem Unkosten
krembde Laster lernen, da sie doch mit wenigerem Unkosten zu Haus die Tugen-