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Deutsche Dichter von Luther bis Klopstoü.
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2- Ich bin ein deutsches Mädchen!
Zorn blickt mein blaues Aug' auf den,
es haßt mein Herz
den, der sein Vaterland verkennt.
2- Ich bin ein deutsches Mädchen!
erköre mir kein ander Land
zum Vaterland,
wär' mir auch frei die große Wahl.
«• Ich bin ein deutsches Mädchen!
Mein hohes Auge blickt auch Spott,
blickt Spott auf den,
der Säumens macht bei dieser Wahl.
s- Du bist kein deutscher Jüngling!
bist dieses lauen Säumens wert,
des Vaterlands
nicht wert, wenn du's nicht liebst wie ich.
«- Du bist kein deutscher Jüngling!
Mein ganzes Herz verachtet dich,
der's Vaterland
verkennt, dich Fremdling! und dich Tor!
7 Ich bin ein deutsches Mädchen!
Mein gutes, edles, stolzes Herz
schlägt laut empor
beim süßen Namen: Vaterland!
So schlägt mir's einst beim Namen
des Jünglings nur, der stolz wie ich
aufs Vaterland,
gut, edel ist, ein Deutscher ist!
47. Überschäümig der Ausländer.
' 1781.
1- Verkennt denn euer Vaterland,
undeutsche Deutsche! steht und gafft
mit blöder Bewundrung großem Auge
das Ausland an!
2- Wettstreitet, wer am lautsten staunt!
„Verdorret ist des Siegers Kranz!"
Wir rnfens euch zu; doch ihr betäubt
euch
und streitet fort.
»- Wir spotten eures Kampfes nicht:
das ist des Mitleids Sprache nicht.
Unglückliche sind uns heilig! Traut uns,
wir spotten nicht.
2- Dem Fremden, den ihr vorzieht, kam's
nie ein, den Fremden vorzuziehn:
er haßt die Empfindung dieser Kriech¬
sucht,
verachtet euch,
s. weil er ihn vorzieht. Faßt ihr nun,
daß wir aus euch voll Mitleid sehn?
ergründet ryr mm, oag iyr unglück¬
lich —
uns heilig seid?
48. Wingolf.
1747 (1771).
1- Komm, goldne Zeit, die selten zu Sterb¬
lichen
heruntersteiget, laß dich erflehn, und komm
zu uns, wo dir es schon im Haine
weht und herab von dem Quell schon
tönet!
2- Gedankenvoller, tief in Entzückungen
verloren, schwebt bei dir die Natur. Sie
hat's
getan! Hat Seelen, die sich fühlen,
fliegen den Geniusflug, gebildet.
2- Natur, dich hört' ich im Unermeßlichen
herwandeln, wie mit Sphärengesangeston
Gestirne, Dichtern nur vernommen,
strahlend im Meere der Lüfte wandeln.
4. Aus allen goldnen Zeiten begleiten dich,
Natur, die Dichter! Dichter des Altertums!
Der späten Nachwelt Dichter! Segnend
sehn sie ihr heilig Geschlecht hervor¬
gehn.
49. Die frühen Gräber.
1764.
Ton: Gluck.
4. Willkommen, o silberner Mond,
schöner stiller Gefährt' der Nacht!
Du entfliehst? Eile nicht, bleib, Gedanken¬
freund! —
Sehet, er bleibt, das Gewölk wallte
nur hin.
2. Des Maies Erwachen ist nur
schöner noch wie die Sommernacht,
wenn ihm Tau, hell wie Licht, aus der
Locke träuft
und zu dem Hügel heraus rötlich er kömmt.
2. Ihr Edleren, ach, es bewächst
eure Male schon ernstes Moos!
Q, wie war glücklich ich, als ich noch mit
euch
sahe sich röten den Tag, schimmern die
Nacht!